Barrierefreie Wohnung mit Bad

Barrierefreie Wohnungen für altersgerechtes Wohnen werden verstärkt gebraucht 5/5 (3)

Eine Studie des Pestel-Forschungsinstituts warnt davor, dass sich viele Rentner das Wohnen bald nicht mehr werden leisten können. Und das angesichts der immer älter werdenden Bevölkerung Deutschlands.

Deutschland wird immer älter

Die Wohnungsbau-Sozial-Studie des Instituts „Wohnen im Alter“, die im April 2023 auf der BAU-Messe in München vorgestellt wurde, fokussiert sich auf die Baby-Boomer-Generation. In 20 Jahren werden über 21 Millionen Menschen zur Altersgruppe „67plus“ gehören, was etwa 3,6 Millionen mehr als heute entspricht. Laut Pestel-Institut wird sich Deutschland in „junge Städte“ und „altes Land“ aufteilen. Wobei es dann Regionen geben wird, in denen über 40 Prozent der Bevölkerung Senior:innen sein werden. Die kommende Rentner:innengeneration der geburtenstarken Jahrgänge wird mit einem unzureichenden Angebot an altersgerechten Wohnungen konfrontiert sein. Denn nur etwa jede siebte Wohnung ist heute altersgerecht umgebaut und der Großteil davon wird nicht von Älteren bewohnt.

Barrierefreie Wohnung mit Bad
Bis 2040 werden rund 3,3 Millionen altersgerechte, barrierefrei umgebaute Wohnungen gebraucht © Thomas, Adobe

Nicht genügend altersgerechte, barrierefreie Wohnungen

Laut Pestel-Institut benötigen bereits heute rund 2,8 Millionen Haushalte mit Senior:innen altersgerechte Wohnungen, aber nur etwa 600.000 Haushalte leben in solchen Wohnungen. Bis 2040 würden rund 3,3 Millionen altersgerechte, barrierefrei umgebaute Wohnungen gebraucht, aber es sei unwahrscheinlich, dass sie tatsächlich vorhanden sein werden. Daher wird erwartet, dass in Zukunft mehr Menschen auf staatliche Unterstützung angewiesen sein werden und dass die Alters-Obdachlosigkeit dramatisch zunehmen wird. Insgesamt werde es finanziell eng für die Senior:innen von morgen, insbesondere für die geburtenstarken Jahrgänge.

Pflegebedürftigkeit Armutsrisiko Nummer 1

Die Studie spricht von einem „Zwei-Komponenten-Problem beim Seniorenwohnen“: einem Mangel an altersgerechten Wohnungen und Altersarmut durch Pflegebedürftigkeit. Denn diese sei das „Armutsrisiko Nummer 1“. Im Schnitt kostet die stationäre Pflege heute rund 2.410 Euro pro Monat, die ein älterer Mensch selbst beisteuern muss. „Mehr als die Hälfte der Senior:innenhaushalte hat allerdings weniger als 2.000 Euro netto im Monat zur Verfügung. Am Ende ist es also ganz oft der Staat, der einspringen muss. Er sollte schon deshalb ein Interesse daran haben, dass pflegebedürftige Menschen so lange wie möglich zu Hause leben können,“ so Matthias Günther, der Leiter der Studie des Pestel-Instituts.

Der Bund soll barrierefreies Wohnen wieder fördern

Gerade der Bund jedoch bremse den altersgerechten Umbau von Wohnungen aus, denn die staatliche KfW-Bank biete keine Zuschüsse mehr, sondern nur noch ein Kreditprogramm. Kredite werden aber älteren Menschen immer seltener gewährt, wenn überhaupt.

So empfiehlt Günther dem Bund, ein Programm für das altersgerechte Wohnen mit finanziellen Zuschüssen für selbst genutztes Wohneigentum einzuführen. Der Studienleiter verweist auf das Förderprogramm „Junges Wohnen“, das von Bundesbauministerin Geywitz in diesem Jahr mit 500 Millionen Euro unterstützt wurde. Analog dazu schlägt er ein „Wohnen 67plus“-Programm vor, für das der Bund ebenfalls mindestens eine halbe Milliarde Euro pro Jahr bereitstellen sollte.

Treppenlift mit Beleuchtung an Treppe in einem Haus für altersgerechtes Wohnen
Ein Treppenlift passt auch in ein modernes Wohndesign © Adobe Stock
Stefanie Lippelt-Mayenfels
Stefanie Lippelt-Mayenfels © privat

Weitergehende Initiativen nötig, um barrierefreie Wohnungen zu schaffen

Stefanie Lippelt-Mayenfels ist eine der beiden Geschäftsführerinnen der meco Akademie gGmbH in Berlin, die Pflegekräfte aus- und weiterbildet. Sie ist der Überzeugung, dass dies allein nicht ausreichen wird. Ihr Vorschlag reicht weiter und umfasst verschiedene Ideen:

  • Gemeinden ermutigen, altersgerechte Wohnungen zu planen und zu bauen
  • Privaten Unternehmen Anreize bieten, altersgerechte Wohnungen und Einrichtungen zu bauen
  • Programme entwickeln, die älteren Menschen helfen, in ihren Häusern bleiben zu können
  • Familienangehörigen bessere Unterstützung bieten, damit sie sich um ältere Verwandte kümmern
  • Inter-generative Wohn- und Pflegegemeinschaften fördern
  • Anreize für Immobilieneigentümer schaffen, ihre Immobilien altersgerecht zu renovieren
  • Innovative Technologien fördern, die älteren Menschen das Leben erleichtern

Ihrer Meinung nach ist es aber zusätzlich wichtig, ganz neue Wege zu finden und zu fördern. Dafür schlägt sie vor, die Beauftragte für soziale Innovation des Bundes zu Rate zu ziehen. Denn, wie sie sagt: „Die Förderung sozialer Innovationen ist von entscheidender Bedeutung, um den aktuellen Herausforderungen unserer Gesellschaft zu begegnen. Wir müssen uns von traditionellen Ansätzen lösen und innovativen Denkweisen Raum geben, um tragfähige Lösungen für die Zukunftsvorsorge zu finden. Startups oder Pioniere mit ihren ‚out of the box‘-Denkweisen könnten hierbei einen entscheidenden Beitrag leisten. Durch ihre Erfahrungen und ihr Engagement können sie neue Perspektiven aufzeigen und innovative Lösungsansätze für den Mangel an altersgerechten Wohnungen und Pflegeeinrichtungen bieten. Wir sollten die Kreativität dieser Pioniere und Startups unterstützen und ihre Ideen und Lösungen fördern, um den großen gesellschaftlichen Herausforderungen und Problemen effektiv zu begegnen. Der Vorschlag des Pestel-Forschungsinstitutes ist dabei nur eine mögliche Lösung von vielen und sollte als Teil eines umfassenderen Ansatzes betrachtet werden.“

Auf den Seiten des BDB können Sie die Studie des Pestel-Forschungsinstituts herunterladen.

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Siegbert Mattheis

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