Nachlassregelung: Enterbung über das Testament 5/5 (1)

In einem Testament können nicht nur eine oder mehrere Personen, Stiftungen, soziale Einrichtungen, Kirchen oder auch Firmen als Erben bestimmt werden. Es ist auch möglich nur zu erklären, wer von mehreren gesetzlichen Erben von der Erbfolge ausgeschlossen sein soll, so dass es im Übrigen bei der gesetzlichen Erbfolge verbleibt. Der Teil des enterbten gesetzlichen Miterben erhöht anteilig die verbleibenden Erbteile im Verhältnis ihrer Anteile.

So dienen Testamente auf verschiedene Weise dazu, die gesetzliche Erbfolge nach den eigenen Wünschen umzugestalten.

Während der direkte Ausschluss von der Erbfolge eine Möglichkeit darstellt, kann unter besonderen Voraussetzungen eine Erbunwürdigkeit vorliegen oder der gesetzliche Pflichtteil entzogen werden kann.

Testamentarischer Ausschluss von der Erbfolge

Durch handschriftliches oder notarielles Testament kann die Erbfolge auch durch ausschließende Anordnungen gestaltet werden.

So können einzelne gesetzliche Erben oder auch alle Erben einer Ordnung (z.B. zweite Ordnung mit Eltern, Großeltern, Tanten, Onkel usw.) ausgeschlossen werden, wenn es im Übrigen bei der gesetzlichen Erbfolge verbleiben soll. Beispielswiese könnte geregelt werden: „Ich schließe meinen Sohn A von der gesetzlichen Erbfolge aus.“ oder „Ich schließe alle Erben der zweiten und höheren Ordnungen von der gesetzlichen Erbfolge aus.“

Bekannter ist hingegen eine andere Formulierung, mit der konkret benannte Begünstigte als Erben eingesetzt werden. Dies bewirkt indirekt, dass alle anderen gesetzlichen Erben von der Erbfolge ausgeschlossen sind. Hierfür würde zunächst folgende kurze Formulierung genügen: „Meine Nichte K. soll Alleinerbin sein“.

Diese Regelung allein schützt aber nicht vor den Zufällen des Lebens und könnte im Fall des Vorversterbens der Nichte K. zur ungewollten gesetzlichen Erbfolge führen. Man sollte in solchen Fällen deshalb auch Ersatzerben bestimmen oder zusätzlich regeln, welche anderen Verwandten von der Erbfolge ausgeschlossen sein sollen. Es empfiehlt sich deshalb und aus nachstehenden Gründen einen Anwalt für Erbrecht zu konsultieren.

Denn auch ein wirksamer Ausschluss gesetzlicher Erben durch Testament bewirkt nicht zwingend, dass diese keinen Anteil am Vermögen des Erblassers erhalten.

Pflichtteil und Erbunwürdigkeit

Sind die leiblichen Kinder und deren Abkömmlinge oder der Ehegatte oder die Eltern durch Testament von der Erbfolge ausgeschlossen, steht diesen gemäß § 2303 BGB prinzipiell der gesetzliche Pflichtteil in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils als reiner Geldanspruch zu.

Der Pflichtteil lässt sich nur in wenigen gesetzlich geregelten Fällen ausschließen und bedarf einer exakten Begründung im Testament. Andernfalls ist der gewünschte Ausschluss unwirksam. Eine Wirkungslosigkeit folgt auch, falls die engen gesetzlichen Voraussetzungen inhaltlich nicht erfüllt sind. Es ist in solchen Fällen deshalb zu raten, einen Rechtsanwalt für Erbrecht hinzuziehen, der vorab prüft, ob die gesetzlichen Voraussetzungen tatsächlich vorliegen.

Der Ausschluss ist nur möglich, wenn der Pflichtteilsberechtigte

  1. dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser ähnlich nahe stehenden Person nach dem Leben trachtet,
  2. sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen eine der in Nummer 1 bezeichneten Personen schuldig macht,
  3. die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt oder
  4. wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wird und die Teilhabe des Abkömmlings am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist. Gleiches gilt, wenn die Unterbringung des Abkömmlings in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt wegen einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat rechtskräftig angeordnet wird.

Gegenüber Abkömmlingen besteht auch die Möglichkeit, die Verfügung über den Pflichtteil bei deren Überschuldung und Verschwendung von Vermögen durch eine Nacherbschaft oder Testamentsvollstreckung zu begrenzen (§ 2338 BGB).

Ein Anspruch aus gesetzlicher oder testamentarischer Erbfolge kann in seltenen Fällen genauso nachträglich noch ausgeschlossen sein, wie ein Anspruch auf den Pflichtteil oder ein Vermächtnis. Dies ist der Fall, wenn eine Erbunwürdigkeit (§ 2339 BGB) geltend gemacht wird. Erbunwürdig ist eine Person,

  • die den Erblasser versuchte zu töten oder getötet hat,
  • die verhinderte, dass der Erblasser ein Testament errichtet oder aufhebt,
  • die den Erblasser durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben oder
  • die durch Fälschung von Urkunden und anderer Aufzeichnungen das Erbrecht oder erbrechtlicher Ansprüche verändern wollte oder dies hat.

Die Erbunwürdigkeit kann nach dem Tode des Erblassers nur von einem betroffenen oder ausgeschlossen Erben durch eine Erbunwürdigkeitsklage gegen die erbunwürdige Person geltend gemacht werden.

Praktische Relevanz kommt der Erbunwürdigkeitsklage also zu, wenn der Erblasser keine Kenntnis von den Verfehlungen hatte oder er vom Erbunwürdigen am Widerruf eines ihm begünstigenden Testaments oder an der Errichtung eines solchen gehindert wurde.

Erbstreitigkeiten im Voraus vorbeugen

Aus den vorstehenden Ausführungen ist zu erkennen, dass durch eine solide erbrechtliche Beratung vor der Abfassung eines Testaments mögliche spätere Streitpunkte im Rahmen einer Erbauseinandersetzung vermieden werden können. Es ist deshalb die Beratung durch einen Fachanwalt für Erbrecht zu empfehlen.

Unklare oder lückenhafte Regelungen finden sich in vielfältiger Form in ohne rechtliche Beratung verfassten Testamenten.

Dies kann schon im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung des Erbscheines zu Auslegungsschwierigkeiten und der Feststellung einer nicht gewünschten Erbfolge führen. Gegebenenfalls ist bis zur Feststellung der Erbfolge die Anordnung einer Nachlassverwaltung oder Nachlasspflegschaft erforderlich, deren Kosten den Nachlass schmälern.

Streit über das Erbrecht kann z.B. entstehen, wenn vorhandene Nachlasswerte an Begünstige vollständig oder unvollständig verteilt werden, anstatt mehrere Erben auf konkret benannte Quoten (je ½ oder jeden anderen Bruchteil) einzusetzen und dies gegebenenfalls mit einer Zuwendung von Nachlasswerten durch eine Vermächtnis zu kombinieren.

In solchen Fällen muss das Gericht u. U. erst ermitteln, welchen Wert welcher zugewandte Gegenstand hatte, um daraus eine Erbquote bilden zu können. Auch ist zu prüfen was der Erblasser gewollt hätte, wenn er die aus seinem Testament folgenden Lücken und Unklarheiten gekannt hätte.

Trotz Zuwendung von konkret benannten Vermögenswerten kann es für einen Erben oder Vermächtnisnehmer wirtschaftlich besser sein, das Erbe oder das Vermächtnis auszuschlagen und den Pflichtteil zu fordern. Hierbei ist für im Inland lebende Erben eine Frist von nur 6 Wochen zu berücksichtigen.

Erben geben nicht selten die zur Ermittlung des Pflichtteils notwendigen Auskünfte unvollständig oder verschweigen unbenannte Zuwendungen und Schenkungen, welche sie selbst oder Dritte vom Erblasser erhalten haben.

Ob bei der Errichtung eines Testamentes, bei Vorliegen unklarer erbrechtlicher oder wirtschaftlicher Situationen beim Nachlass oder der Durchsetzung oder Abwehr von Pflichtteilsansprüchen.

 

Text: Rechtsanwalt S. Gründig – Fachanwalt für Erbrecht
Anwaltskanzlei Gründig

Königstraße 11
01097 Dresden

Tel.: 0351 56340680

Webseite: https://www.rae-gruendig.de

Rechtsanwalt S. Gründig - Fachanwalt für Erbrecht

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