12.436 Menschen sind 2019 nach einem Haushaltsunfall gestorben. Das sind rund 500 Todesfälle mehr als noch im Vorjahr. Betroffen sind vor allem ältere Menschen.
„Wir müssen endlich erkennen, dass ein Sturz im Haushalt für Seniorinnen und Senioren ein lebensgefährliches Risiko darstellt und Maßnahmen ergreifen“, mahnt deshalb Dr. Susanne Woelk, Geschäftsführerin der Aktion Das sichere Haus (DSH), Hamburg.
86 Prozent aller häuslichen Unfälle sind Stürze
Die Zahlen: Bei 10.755 der 12.436 tödlichen Haushaltsunfälle war ein Sturz die Ursache. 9.227 dieser Gestürzten waren 75 Jahre oder älter. Ab 75 Jahren steigt das Risiko, nach einem Sturz im Haushalt zu sterben, überproportional an, wie eine Auswertung der Zahlen des Statistischen Bundesamtes durch die DSH zeigt.
Bei den Hochbetagten (über 85 Jahre alt) ist die Zahl der tödlich verunglückten Frauen um rund 1,7-mal höher als die der Männer.
Siehe auch die Zahlen vom MSD Manual, der Ausgabe für medizinische Fachkreise.
Andere Unfallarten wie Ersticken, Vergiftungen oder Ertrinken spielen bei den tödlichen häuslichen Unfällen eine geringe Rolle.
Aus welchen Gründen sterben ältere Menschen nach einem Sturz?
Viele ältere Menschen sterben nach einem Sturz, weil diese oft schwere gesundheitliche Folgen haben. Insbesondere dann, wenn bereits Vorerkrankungen oder eine eingeschränkte körperliche Verfassung vorliegen. Hier sind die Hauptgründe:
1. Knochenbrüche nach einem Sturz und die Folgen
- Ältere Menschen haben oft eine geringere Knochendichte (z. B. Osteoporose), sodass selbst kleine Stürze zu Hüft- oder Oberschenkelfrakturen führen können.
- Hüftfrakturen sind besonders gefährlich, weil sie eine lange Bettlägerigkeit erfordern, was weitere Komplikationen nach sich zieht.
2. Immobilität und ihre Risiken
- Nach einem Sturz kann eine längere Bettruhe nötig sein, was schnell zu Dekubitus (Wundliegen) und einer Verschlechterung der allgemeinen Gesundheit führt.
- Wer sich nach einem Sturz weniger bewegt, entwickelt schneller Muskelschwund, Kreislaufprobleme und Thrombosen.
- Lungenentzündungen und Blutgerinnsel treten häufiger auf, wenn sich jemand wenig bewegt.
3. Vorerkrankungen und langsamere Heilung
- Chronische Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Probleme oder Demenz erschweren die Heilung und erhöhen das Risiko für Komplikationen .
- Eine verminderte Immunabwehr erhöht das Risiko für Infektionen.
4. Psychosoziale Folgen
- Angst vor weiteren Stürzen kann dazu führen, dass ältere Menschen sich weniger bewegen, was den körperlichen Abbau beschleunigt.
- Ein plötzlicher Verlust der Selbstständigkeit nach einem Sturz kann zu Depressionen oder sozialer Isolation führen.
Wie kann man Stürze verhindern?
Ausrutschen und Stolpern – was kann man dagegen tun? „Bei einem Sturz denken wir zuerst an einen Sturz von der Leiter. Dabei sind Stolperfallen und rutschige Stellen in der Wohnung weitaus tückischer“, sagt Woelk, die das häusliche Unfallgeschehen seit 25 Jahren beobachtet.
Schon einfache und preiswerte Maßnahmen können viel bewirken. Zum Beispiel:
1. Wohnraum gegen Sturz und Ausrutschen sicherer gestalten
- Stolperfallen beseitigen: Teppiche fixieren, Kabel aus dem Weg räumen, rutschfeste Bodenbeläge verwenden.
- Gute Beleuchtung in allen Räumen und Nachtlichter in Fluren und Badezimmern installieren.
- Haltegriffe in Bad und Treppenhaus anbringen.
- Möbel so platzieren, dass genügend Bewegungsfreiheit besteht.
- Selbstklebende Antirutschstreifen bei Treppen sorgen für Grip auf den Stufen.
2. Körperliche Fitness erhalten
- Regelmäßige Bewegung (z. B. durch Gymnastik, Tai Chi oder Gleichgewichtstraining).
- Gezieltes Krafttraining, um Muskulatur und Koordination zu stärken.
- Genügend Vitamin D und Calcium zur Knochengesundheit einnehmen.
3. Gesundheitsvorsorge gegen Stürze
- Regelmäßige ärztliche Untersuchungen, um Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Sehstörungen frühzeitig zu erkennen.
- Medikamente überprüfen: Manche Mittel verursachen Schwindel oder Benommenheit.
- Sehhilfen anpassen, um Stolperfallen besser wahrzunehmen.
- Regelmäßige Augen- und Hörtests, um Wahrnehmungsprobleme frühzeitig zu erkennen.
- Kontrolle von Blutdruck und Herz-Kreislauf-Funktion.
4. Einfache technische Hilfsmittel nutzen
- Gehstöcke oder Rollatoren zur Stabilität.
- Hausnotrufsysteme, damit schnell Hilfe gerufen werden kann.
- Sensoren oder smarte Fußböden, die Stürze erkennen und Alarm auslösen.
- Stützende Schuhe mit rutschfesten Sohlen.
- Socken mit Anti-Rutsch-Sohle verwenden („ABS-Socken“).
Kostengünstige Sturzprävention
Die Angst vor hohen Kosten hält viele Seniorinnen und Senioren davon ab, ihre Wohnung sturzsicher zu machen. Dabei muss die Absicherung gegen das Unfallrisiko Sturz nicht teuer sein. Diese einfachen 10 Maßnahmen für unter 20 Euro können Stürze von Senioren im Haus verhindern. Zwei von ihnen sind sogar kostenlos.
- Ausgiebiger Spaziergang bei Tageslicht für die Vitamin-D-Produktion. Kostenlos
- Übungen für mehr Kraft und ein besseres Balancegefühl (zum Beispiel ein paar Sekunden auf einem Bein stehen)
- Gummiringe von Weckgläsern unter Teppich oder Läufer sind eine gute Rutschhemmung. Pro Stück ab ca. 10 Cent
- Anti-Rutschsocken sind nachts als Bettsocken eine gute Idee, wenn die Blase drückt und man schlaftrunken ins Bad wankt. Pro Paar ab ca. 5 Euro.
- Antirutschmatten für Teppiche und Läufer auf glatten Böden (Laminat-, PVC-, Fertigparkett-, Linoleum-, Fliesenböden). Je nach Größe und Material ab ca. 7 Euro
- Seniorensport im Sportverein, bei der VHS, bei Hilfsorganisationen, von Krankenkassen. Abhängig von Kurs und Anbieter ab 8 Euro pro Stunde.
Tipp: Krankenkasse nach Kostenerstattung oder Zuschuss bzw. eigenem Kursangebot fragen. - Steckdosenleuchte mit Bewegungsmelder. Ab ca. 8 Euro
- Anti-Rutschstreifen für Treppenstufen. Je nach Größe und Material ab ca. 9 Euro
- Farbliche Markierung mit Anti-Rutsch-Effekt für die erste und letzte Treppenstufe. Ab ca. 10,- Euro
- Vakuum-Haltegriff fürs Badezimmer. Je nach Modell ab ca. 16 Euro. Montage- und Gewichtshinweise des Herstellers beachten!
Ehrliche Selbsteinschätzung
Zum Schluss hilft auch noch die Selbstwahrnehmung: Wie gut sind mein Balancegefühl und meine Kraft? Die DSH bietet einen kostenlosen Selbsttest und passende Übungen an: https://das-sichere-haus.de/broschueren/sicher-alt-werden.
Über die Aktion Das sichere Haus:
Mehr als 12.400 Menschen sterben pro Jahr in Deutschland durch einen Haushaltsunfall. Die Aktion Das sichere Haus (DSH) informiert über Unfallgefahren in Heim und Freizeit. Mit ihrer Arbeit will die gemeinnützige DSH dazu beitragen, die hohen Unfallzahlen zu senken. Insgesamt verunglücken pro Jahr in Deutschland rund sieben Millionen Menschen zu Hause und in der Freizeit. Ein kostenloses Broschürenpaket für Sicherheit im Alter können Sie bei der Aktion Das sichere Haus (DSH) bestellen.