In unserer alternden Gesellschaft gewinnt die Frage nach passenden Wohnformen im Ruhestand zunehmend an Bedeutung. Viele von uns sehen sich mit Einsamkeit konfrontiert, sei es durch Kinderlosigkeit, den Verlust des Partners, räumliche Distanz zur Familie oder gesundheitliche Einschränkungen. Doch es gibt ermutigende Lösungen! Innovative Wohnkonzepte bieten nicht nur ein Zuhause, sondern auch Gemeinschaft und gegenseitige Unterstützung.
Vorteile und Nachteile von Wohnformen im Alter
Wir stellen Ihnen hier die fünf interessantesten und beliebtesten Wohnformen für ganz unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen vor. Und auch, für wen diese Wohnform jeweils am besten geeignet ist:
1. Seniorenwohngemeinschaften und Hausgemeinschaften
Die Idee der Wohngemeinschaft, einst hauptsächlich mit Studenten assoziiert, ist inzwischen auch bei uns älteren Erwachsenen beliebter geworden. Der ehemalige Bremer Bürgermeister Henning Scherf gründete bereits 1987 die erste Senioren-WG, um der Vereinsamung im Alter entgegenzuwirken.
Wie in einer klassischen WG teilen sich hier auch die älteren die Bewohner:innen Gemeinschaftsräume wie Küche und Wohnzimmer. Sie haben aber jeweils ein eigenes Zimmer als Rückzugsort. Für diejenigen, die mehr Privatsphäre wünschen, bieten Hausgemeinschaften eine attraktive Alternative. Hier hat jeder seine eigene Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, profitiert aber von der Nähe zu Gleichgesinnten.
Anita Schmidt, 75, aus Hamburg berichtet begeistert: „Wir sind zu viert und jeder bringt seine Stärken ein. Ich koche gerne für alle, während Walter sich um den Garten kümmert. Abends spielen wir oft Karten oder schauen gemeinsam fern. Es ist wunderbar, nicht mehr allein zu sein.“
Vorteile von WG- oder Hausgemeinschaften
- Kostenersparnis durch geteilte Miete und Nebenkosten
- Täglicher sozialer Austausch und gemeinschaftliche Aktivitäten
- Gegenseitige Unterstützung im Alltag
- Beibehaltung der persönlichen Privatsphäre
- Möglichkeit, Dienstleistungen wie Haushaltshilfen gemeinsam zu nutzen
Nachteile von WG- oder Hausgemeinschaften
- Potenzielle Konflikte durch unterschiedliche Lebensgewohnheiten
- Eingeschränkte Privatsphäre in Gemeinschaftsbereichen
- Notwendigkeit von Kompromissbereitschaft und Anpassungsfähigkeit
- Mögliche Überforderung bei Pflegebedürftigkeit eines Mitbewohners
Für wen ist diese Wohnform geeignet?
- Aktive und kontaktfreudige Menschen
- Menschen, die Wert auf Gemeinschaft legen, aber auch Rückzugsmöglichkeiten schätzen
- Personen mit ähnlichen Interessen und Lebensvorstellungen
- Ältere Erwachsene, die noch weitgehend selbstständig sind
2. Mehrgenerationenhäuser
Stellen Sie sich ein lebendiges Haus vor, in dem Jung und Alt unter einem Dach leben. In Mehrgenerationenhäusern wird genau das Realität. Jede Altersgruppe hat ihre eigene Wohnung, aber es gibt zahlreiche Möglichkeiten für generationsübergreifenden Austausch und gegenseitige Hilfe.
Die 12-jährige Emma, die mit ihrer Familie und ihrem 82-jährigen Opa in einem solchen Haus lebt, erzählt begeistert: „Opa Günter hilft mir bei den Mathe-Hausaufgaben, und ich zeige ihm dafür hilfreiche Funktionen bei seinem Handy. Es ist toll, dass wir so viel voneinander lernen können!“
Vorteile des Mehrgenerationenwohnens
- Eigene Wohnung für ausreichend Privatsphäre
- Gegenseitige Unterstützung zwischen den Generationen
- Lebendige Atmosphäre durch die Mischung verschiedener Altersgruppen
- Möglichkeit, voneinander zu lernen und neue Perspektiven zu gewinnen
- Gefühl der Geborgenheit in einer familienähnlichen Struktur
Nachteile des Wohnens mit mehreren Generationen
- Mögliche Lärmbelästigung durch Kinder oder Jugendliche
- Potenzielle Generationenkonflikte aufgrund unterschiedlicher Lebensstile
- Eventuell höhere Kosten durch speziell konzipierte Wohnprojekte
- Gefahr der Überforderung älterer Bewohner durch zu viele Aktivitäten
Geeignet ist diese Wohnform für
- Ältere, die den Kontakt zu jüngeren Generationen schätzen
- Menschen, die gerne in einem lebendigen Umfeld wohnen
- Personen, die Wert auf gegenseitige Unterstützung legen
- Ältere Menschen, die noch aktiv am gesellschaftlichen Leben teilhaben möchten
Mehr Infos und Beispiele zum Mehrgenerationen Wohnen
3. Betreutes Wohnen / Service Wohnen
Beim betreuten Wohnen genießen Sie die Unabhängigkeit einer eigenen Wohnung, haben aber bei Bedarf Zugriff auf verschiedene Unterstützungsleistungen. Es gibt sowohl Grund- als auch Wahlleistungen, sodass Sie Ihr Betreuungspaket individuell zusammenstellen können.
Klaus Meyer, 88, teilt seine Erfahrungen: „Ich genieße meine Unabhängigkeit, weiß aber, dass immer jemand da ist, wenn ich Hilfe brauche. Die Gemeinschaftsaktivitäten wie Gymnastik und Ausflüge halten mich fit und aktiv.“
Grundleistungen umfassen typischerweise:
- Hausmeisterservice
- Notrufsystem
- Beratungsund Informationsdienste
- Gemeinschaftsaktivitäten und -räume
- Reinigung der Wohnung
Wahlleistungen können beinhalten:
- Mahlzeitenservice
- Haushalts- und Einkaufshilfen
- Pflegerische Dienste
- Fahr- und Begleitdienste
Vorteile des betreuten Wohnens
- Selbstständiges Leben in barrierefreier oder -armer Umgebung
- Sicherheit durch jederzeit verfügbare Hilfe
- Flexible Anpassung der Leistungen an individuelle Bedürfnisse
- Gemeinschaftsangebote für soziale Kontakte
- Entlastung von alltäglichen Aufgaben bei Bedarf
Nachteile des betreuten Wohnens
- Oft höhere Kosten im Vergleich zu normalem Wohnen
- Mögliche Einschränkungen bei der Wohnungsgestaltung
- Gefahr der Überbehütung und des Verlusts von Selbstständigkeit
- Begrenzte Auswahl an Wohnorten und -lagen
Geeignet für
- Senior:innen, die Wert auf Sicherheit und Unterstützung legen
- Menschen mit leichtem bis mittlerem Pflegebedarf
- Personen, die ihre Selbstständigkeit bewahren, aber Hilfe in Reichweite haben möchten
- Ältere Menschen, die soziale Kontakte suchen, aber eine eigene Wohnung bevorzugen
Mehr über Betreutes Wohnen
4. Das Quartierskonzept
Dieses innovative Konzept geht über einzelne Wohneinheiten hinaus und gestaltet ganze Stadtviertel altersgerecht. Es umfasst barrierefreie Wohnungen, Gemeinschaftseinrichtungen und eine seniorenfreundliche Infrastruktur. Es wird auch als Cohousing bezeichnet.
Vorteile des Quartierskonzepts
- Altersgerechtes Wohnumfeld mit kurzen Wegen
- Erhalt der vertrauten Umgebung
- Vielfältige Möglichkeiten für soziale Kontakte
- Gute Anbindung an Gesundheits- und Versorgungseinrichtungen
- Aktive Teilhabe am Stadtleben
Nachteile
- Möglicherweise höhere Wohnkosten in speziell konzipierten Quartieren
- Gefahr der Isolation von anderen Altersgruppen bei zu starker Fokussierung auf Senioren
- Eventuell lange Wartezeiten für einen Platz in beliebten Quartieren
- Abhängigkeit von der Qualität der Umsetzung des Konzepts
Geeignet für
- Senioren, die in ihrer gewohnten Umgebung bleiben möchten
- Menschen, die Wert auf eine altersgerechte Infrastruktur legen
- Personen, die am städtischen Leben teilhaben, aber barrierefreie Angebote nutzen möchten
- Ältere Menschen, die Gemeinschaft suchen, aber in einer eigenen Wohnung leben wollen
5. Wohnform „Wohnen für Hilfe“
Bei diesem kreativen Konzept bieten Sie als älterer Erwachsener mit genügend Wohnfläche einem jungen Menschen, oft einem Studenten, günstigen oder kostenlosen Wohnraum an und erhalten im Gegenzug Unterstützung im Alltag.
Elke Müller, 76, berichtet begeistert: „Die Studentin Lisa wohnt jetzt bei mir im Gästezimmer. Sie hilft mir zweimal die Woche im Garten und beim Einkaufen. Dafür wohnt sie mietfrei. Es ist schön, wieder junges Leben im Haus zu haben!“
Vorteile von „Wohnen für Hilfe“
- Generationsübergreifender Austausch und gegenseitiges Lernen
- Praktische Unterstützung im Alltag
- Finanzieller Vorteil für beide Seiten
- Belebung des eigenen Zuhauses
- Möglichkeit, in der gewohnten Umgebung zu bleiben
Nachteile
- Potenzielle Konflikte durch unterschiedliche Lebensrhythmen und -gewohnheiten
- Einschränkung der Privatsphäre durch Anwesenheit einer fremden Person
- Mögliche Unzuverlässigkeit oder häufiger Wechsel der Mitbewohner
- Herausforderungen bei der Festlegung und Einhaltung klarer Vereinbarungen
Geeignet für:
- Senior:innen mit ausreichend Wohnraum
- Menschen, die offen für intergenerationelles Zusammenleben sind
- Personen, die kleine Hilfen im Alltag benötigen, aber sonst weitgehend selbstständig sind
- Ältere Menschen, die den Kontakt zu jüngeren Generationen schätzen und pflegen möchten
Unser Tipp: Eine Abwandlung von „Wohnen für Hilfe“ ist das neue Projekt „Generationen-WG“ Berlin. Es bringt junge Menschen ab 18 Jahren als Untermieter mit Personen ab 60 zusammen. So sollen gleichzeitig Wohnungsmangel und soziale Isolation bekämpft werden.
Die Empfehlung der LIVVING Redaktion: Planen Sie rechtzeitig
Wie Sie sehen, gibt es vielfältige Möglichkeiten, im Alter nicht nur zu wohnen, sondern aktiv und in Gemeinschaft zu leben. Jede dieser Wohnformen bietet spezifische Vorteile und kann je nach Ihren persönlichen Bedürfnissen und Wünschen die richtige Wahl sein.
Allerdings sollte man sich rechtzeitig um eine passende Wohnform im Alter kümmern. Denn dafür gibt es mehrere gute Gründe:
- Vorausschauende Planung: Je früher Sie sich mit dem Thema auseinandersetzen, desto mehr Zeit haben Sie, verschiedene Optionen zu erkunden und die für Sie beste Lösung zu finden.
- Finanzielle Vorsorge: Manche Wohnformen erfordern möglicherweise Investitionen oder Umzüge. Eine frühzeitige Planung ermöglicht es Ihnen, finanziell vorzusorgen und Ihre Ressourcen optimal einzusetzen.
- Anpassungszeit: Der Übergang in eine neue Wohnform braucht Zeit. Wenn Sie sich frühzeitig damit beschäftigen, können Sie sich besser an den Gedanken gewöhnen und den Umzug stressfreier gestalten.
- Verfügbarkeit: Beliebte Wohnprojekte oder -einrichtungen haben oft Wartelisten. Je früher Sie sich anmelden, desto größer sind Ihre Chancen, einen Platz zu bekommen.
- Gesundheitliche Aspekte: Mit zunehmendem Alter können gesundheitliche Einschränkungen die Wahl der Wohnform beeinflussen. Eine rechtzeitige Entscheidung ermöglicht es Ihnen, proaktiv zu handeln, statt unter Druck reagieren zu müssen.
- Soziale Netzwerke aufbauen: In einer neuen Wohnumgebung braucht es Zeit, um Beziehungen aufzubauen und sich einzuleben. Je früher Sie damit beginnen, desto stabiler wird Ihr soziales Netzwerk im Alter sein.
Welche Wohnform im Alter ist die beste für mich?
Welche dieser Optionen spricht Sie am meisten an? Vielleicht motiviert Sie dieser Artikel dazu, über Ihre zukünftige Wohnsituation nachzudenken und die Möglichkeiten in Ihrer Umgebung zu erkunden.
Nehmen Sie sich die Zeit, verschiedene Wohnkonzepte zu besichtigen, mit Bewohner:innen zu sprechen und Ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche zu reflektieren.
Denn eines ist gewiss: Gemeinsam lässt sich das Leben in jedem Alter besser gestalten und genießen! Und mit der richtigen Vorbereitung können Sie sicherstellen, dass Ihr Zuhause im Alter nicht nur ein Ort zum Wohnen ist, sondern ein Ort zum Leben, Lachen und Lieben.
Auf unserer Wohn-O-Mat-Seite können Sie gerne schon einmal einen Selbsttest machen.
Claudia Mattheis
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