Der ANUNDO_Park in Mannheim zeigt mit 54 Mietwohnungen, wie gutes Älterwerden gelingen kann.
Wie wollen wir eigentlich wohnen, wenn wir älter werden? Diese Frage stellten sich Carina Krey und ihr Mann vor etwa zehn Jahren bei einem Glas Wein. Ihre Kinder wurden selbstständiger, der Auszug stand bevor, und plötzlich ging es um die eigene Zukunft. Was aus diesem Abendgespräch entstand, ist beeindruckend: der ANUNDO_Park in Mannheim, ein Wohnprojekt für die zweite Lebenshälfte mit 54 Mietwohnungen, über 300 Quadratmetern Gemeinschaftsflächen, einem Restaurant im Haus und ganz viel Leben dazwischen.
Carina Krey ist Architektin, Baubiologin und Projektentwicklerin. Zusammen mit ihrem Mann, einem Diplomkaufmann, hat sie das Projekt von der ersten Idee bis zur Fertigstellung durchgezogen, ohne vorherige Erfahrung als Bauherrin, aber mit klarer Vision: Wohnen zur Miete für Menschen ab 50 sollte leicht sein, bunt und aktiv. Ein Kontrapunkt zum negativen Image des Älterwerdens in unserer Gesellschaft.
Im Gespräch mit LIVVING Chefredakteurin Claudia Mattheis erzählt Carina Krey, wie aus der Vision Realität wurde, warum Gemeinschaft mehr braucht als einen Raum im Dachgeschoss und wie sich das Projekt selbst auf ihr eigenes Leben ausgewirkt hat.

Die wichtigsten 5 Erkenntnisse aus dem Interview
Das Grundkonzept: Wohnen wie im Boutique-Hotel
Das Leitbild war von Anfang an klar: leicht, bunt, positiv. Die Gestaltung und das gesamte Konzept sollten sich anfühlen wie ein kleines Boutique-Hotel, mit allen Annehmlichkeiten, aber als dauerhaftes Zuhause.
Gemeinschaft muss aktiv gestaltet werden
Es reicht nicht, irgendwo einen Gemeinschaftsraum einzuplanen. Echte Gemeinschaft entsteht durch aktive Begleitung: mittlerweile 20 Workshops vom Baubeginn bis heute, professionelle Moderation und kontinuierliche Betreuung durch ein Team vor Ort.
Die Größe macht den Unterschied
Soziologen sprechen vom Haus der 100: Wenn 100 Menschen zusammenkommen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass jeder Menschen findet, mit denen die Chemie stimmt. Kleinere Wohngruppen haben ein höheres Risiko, dass Konflikte das Projekt gefährden.
Mieten statt Eigentum, bewusste Entscheidung
Das Mietmodell war von Anfang an gesetzt. Es schafft Flexibilität und hält die Hürden niedrig. Keine Seniorenresidenz, keine exklusive Gated Community, sondern bezahlbares Wohnen für die zweite Lebenshälfte. 30 Prozent der Wohnungen liegen unter der Durchschnittsmiete von Mannheim.
Gelungene Zusammensetzung braucht Strategie
Die Mieter wurden bewusst ausgewählt: Ein ausgewogenes Verhältnis von Paaren und Einzelpersonen, von Männern und Frauen, und vor allem eine breite Altersspanne zwischen 50 und 90 Jahren, damit das Haus nicht in 30 Jahren zum Altersheim wird.
Warum wir Carina Krey eingeladen haben
Weil sie zeigt, dass die Frage „Wie wollen wir im Alter wohnen?“ nicht theoretisch bleiben muss. Weil sie gemeinsam mit ihrem Mann ein Projekt realisiert hat, das Architektur, Gemeinschaft und Lebensqualität zusammenbringt. Und weil sie beweist, dass man auch ohne Erfahrung als Bauherrin Großes schaffen kann, wenn die Vision stimmt und man bereit ist, neue Wege zu gehen.
Vom Weinabend zur Wohnvision
Eine Frage, die alles veränderte
Die Geschichte des ANUNDO_Parks beginnt unspektakulär: „Es ist wahrscheinlich schon etwa zehn Jahre her, dass ich mit meinem Mann in einem Hotel saß am Abend bei einem Glas Wein”, erzählt Carina Krey. „Wir haben uns wie so viele Paare oder Menschen in unserem Alter unterhalten über, wie will man dann mal leben, wenn die Kinder aus dem Haus sind?“
Was folgte, war eine intensive Auseinandersetzung mit dem Wohnungsmarkt für ältere Menschen: „Wie machen das eigentlich andere? Welche Modelle gibt es denn auf dem Markt? Was gibt es eigentlich für Häuser?“ Das Ergebnis war ernüchternd und motivierend zugleich.
Das Ehepaar hatte schon immer den Wunsch, „gerne mal unsere Kompetenzen zusammenzuwerfen und gemeinsam ein Projekt auf die Beine zu stellen“. Ihr Mann ist Diplomkaufmann und hatte „einen mittelständischen Industriebetrieb und aber auch den Wunsch, in der Lebensmitte noch mal sich zu verändern und auch was gesellschaftlich Relevantes vielleicht auf die Beine zu stellen“. So nahm das Ganze seinen Lauf.
Leicht, bunt und positiv
Von Anfang an war klar, was das Projekt nicht sein sollte: „Wir wollten uns ganz klar abgrenzen zu so einem exklusiven Gated Community Seniorenresidenz Thema“, erklärt Carina Krey. Stattdessen suchten sie nach einer Wohnform, „die leicht ist und bunt und vor allem die diesem negativen Image des Älterwerdens in unserer Gesellschaft einen Kontrapunkt setzt.“
Das Leitbild war geboren: „Das erste Grundbild, das wir hatten und das wir auch immer verfolgt haben: man soll da leicht wohnen, als wäre man in einem kleinen Boutique-Hotel. Und das hat uns vom Konzept her so ein bisschen angeleitet und auch von der Gestaltung dieses Objektes.“
Der Name ANUNDO selbst trägt eine persönliche Note: „ANUNDO ist ein Kunstwort und es setzt sich zusammen aus den Anfangsbuchstaben unserer Kinder. Ganz profan. Genau. Und es klang dann gut und dann hat sich es verselbstständigt und da fand man das alles schön.“
Der lange Weg zum Grundstück
Planung ohne Plan
Die ersten Jahre waren geprägt von theoretischen Überlegungen: Wie muss die Architektur aussehen? Welche Gemeinschaftsflächen braucht es? Wer kümmert sich um die Mieter? „Die ersten Gedanken waren wahrscheinlich sogar schon vorher, vor 2018. Wir haben das immer wieder hin und her bewogen, neben unserem normalen Arbeiten zu diesem Zeitpunkt noch versucht, ein theoretisches Konzept zu entwickeln“, erinnert sich Carina Krey.
Dabei war von Anfang an klar, dass es ein großes Projekt werden sollte. Der Grund: die soziologische Theorie vom Haus der 100. „Die Soziologen sprechen vom sogenannten Haus der 100. Also wenn 100 Menschen zusammenkommen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass sie da Menschen finden, mit denen sie sehr gut zurechtkommen“, erklärt Krey. „Das Problem bei kleineren Wohngruppen ist ja oft, dass wenn die Chemie dann nicht stimmt oder wenn ein Problem auftaucht, dass es dann sozial irgendwie so sich das vielleicht auch zerschlägt. Für uns war klar, wir wollen ein großes Projekt schaffen aus diesem Grund.“
Weitere Eckpunkte wurden festgelegt: „Wir wollen für die zweite Lebenshälfte planen, das war sowieso klar, also konkret für diese Zielgruppe 50 plus. Und für uns war klar, dass wir ein Mietmodell machen wollen.“
Die Grundstückssuche: ein Geduldsspiel
„Wir sind dann auf Grundstückssuche gegangen. Wir haben Kontakte aufgenommen mit Städten, mit Bürgermeistern, mit der Kirche. Wir wussten es nicht genau. Wir waren nicht erfahren gewesen im Erstellen eines solch großen Objektes“, beschreibt Carina Krey die Anfangsphase.
Der Durchbruch kam 2019: Die Stadt Mannheim hatte das Gelände der Bundesgartenschau und das angrenzende Konversionsgelände entwickelt und Wettbewerbe für die Grundstücke ausgeschrieben. „Man musste die Architektur dazu umreißen und auch den Inhalt, also die Idee des Konzeptes.“ Das Ehepaar Krey nahm teil und gewann.
„Wir hatten das große Glück, 2019 die Nachricht zu kriegen, dass wir ein Grundstück direkt am Rand der Bundesgartenschau, direkt zum Park hin, bebauen dürfen“, erzählt Krey. „Wir haben lange gewartet und lange gesucht und dann aber, ja manchmal weiß man dann hinterher, warum es dann lange dauert, weil so war es dann perfekt für uns.“
Das Grundstück wurde verkauft, „gebunden an diese Konzeptidee. Also wir waren dann auch verpflichtet, also das ist auch im Kaufvertrag so festgeschrieben worden, dass wir natürlich auch verpflichtet sind, das zu machen, was wir versprochen haben.“
Ein Projekt voller Herausforderungen
Von der Planung bis zur Fertigstellung
Der Zeitplan war ambitioniert: „Wir haben dann 2020 mit der Planung begonnen und gleichzeitig mit den Workshops. Und der Bau war dann von 2021 bis 2023. 2023 im April, zum Beginn der Bundesgartenschau, musste das Haus fertiggestellt sein. Also es gab ein Verbot, während der Buga zu bauen im Hintergrund.“
Die Herausforderungen waren enorm: „Und das war ein ganz schöner Druck, weil dazwischen war auch noch die Corona-Pandemie und die Gaskrise und diverse andere Komplikationen auf dem Weltmarkt, die das Bauen schwierig gemacht haben. Aber es hat geklappt.“
Besonders die Verantwortung gegenüber den zukünftigen Mietern wog schwer: „Wir mussten ja unseren Mietern ja natürlich auch einen Bezugstermin zusagen. Die haben ja zum Teil, je nachdem aus welcher Situation sie kamen, ihre privaten Häuser verkauft oder vermietet oder natürlich auch Wohnungen gekündigt und so. Und das war schon eine abenteuerliche Zeit.“
Professionelle Unterstützung war nötig
Bei einem solch großen Projekt brauchte das Ehepaar Unterstützung: „Wir hatten aber auch natürlich bei dem großen Projekt die Unterstützung von einem baubegleitenden großen Architekturbüro. Also das wäre in meinem kleinen Architekturbüro nicht abwickelbar gewesen“, erklärt Carina Krey. „Wir hatten immer das Konzept in der Hand, das Konzept geformt, die künstlerische Oberleitung. Wir haben auch die ganze Innenarchitektur gemacht. Die Gemeinschaftsräume sind ja auch ausgestattet mit Möbeln, aber wir hatten natürlich Hilfe von Statikern, von einem Architekturbüro, das die Bauplanung gemacht hat und die Bauleitung.“

Architektur, die Begegnung fördert
Zwei Gebäude, ein großer Garten
„Das Objekt besteht aus zwei Gebäuden, die mit einem großen gemeinschaftlichen Garten verbunden sind. Die Gebäude sind fünf- und sechsgeschossig und sie beinhalten in erster Linie 54 unterschiedlich große individuelle Wohnungen, ganz normale, schöne und gut ausgestattete Mietwohnungen“, beschreibt Carina Krey die Architektur.
Über 300 Quadratmeter Gemeinschaftsflächen
„Dazu ist das Haus durchzogen von gemeinschaftlichen Flächen und gemeinschaftlichen Räumen, die sich über 300 Quadratmeter erstrecken. Das ist zum Beispiel eine Werkstatt, das ist eine Bibliothek, das ist ein Projektraum, ein Fitnessraum. Es gibt eine Sauna, es gibt Dachterrassen. Wir haben ein sehr schönes doppelgeschossiges Musikzimmer.“
Das Besondere an der Anordnung: „Diese gemeinschaftlichen Räume ziehen sich durchs ganze Haus. Die sind jetzt nicht in einer Etage vereint, sodass man da bewusst hingehen muss, sondern sie sind immer entlang der Wege durchs Haus angeordnet, sodass man, immer wenn man sich sowieso im Haus bewegt, wenn man zu seiner Wohnung geht, wenn man rausgeht zum Spazieren, die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass man jemandem begegnet, dass man sieht, da ist sowieso jemand, da bleibe ich mal kurz stehen. Und durch diese Zufälligkeiten entstehen natürlich Begegnungen, Gespräche, Freundschaften und vieles mehr.“

Hochwertige, aber bezahlbare Architektur
Trotz der hochwertigen Gestaltung blieben die Mieten erschwinglich. „Der günstigste Quadratmeterpreis im Haus sind 8,50 Euro pro Quadratmeter. Aber es geht natürlich auch hoch bis 18 Euro. Das kommt auch darauf an, wo die Wohnung liegt“, erklärt Carina Krey.
Ein besonders wichtiger Aspekt: „Wir haben 30 Prozent der Wohnungen im Haus, 30 Prozent unter der Durchschnittsmiete von Mannheim vermietet. Weil es uns wichtig war, dass wir keine Gated Community bauen wollen. Dass wir nicht nur sehr solvente Mieter ansprechen möchten.“ Dies geschah im Rahmen des Mannheimer Wohnungsbauprogramms.
Ihre Philosophie: „Man hätte wahrscheinlich, wenn man nur aufs Geld geguckt hätte, einfacher bauen können und mehr verdienen. Und uns war einfach dieser soziale Aspekt und dieser Mehrwert, den wir in die Gemeinschaft geben oder in die Gesellschaft geben, auch von Anfang an total wichtig.“
Gemeinschaft braucht mehr als einen Raum
20 Workshops vom Baubeginn bis heute
Einer der Erfolgsfaktoren des ANUNDO_Parks ist die intensive Begleitung der Mieter, und zwar schon lange vor dem Einzug. „Wir haben schon angefangen, als der Bau begonnen hat. Wir haben mittlerweile den 20. Mieter-Workshop veranstaltet. Das sind Workshops, die professionell moderiert werden“, erklärt Carina Krey.
Die erste Veranstaltung war noch eine reine Informationsveranstaltung: „Ganz am Anfang war es natürlich eine Informationsveranstaltung auf dem Sportplatz nebenan. Weil es gab weder den Park der Bundesgartenschau, noch gab es die Straßen zu dem Zeitpunkt auf dieser Konversionsfläche, noch gab es die Nachbargebäude, noch gab es natürlich unser Haus. Also wir konnten nur reden.“
Rückblickend ist Carina Krey gerührt: „Es wurde uns schon von den ersten Mietern extrem viel Vertrauen entgegengebracht. Einige, wirklich einige, hatten die Mietverträge unterschrieben und haben wirklich nur einen nassen, kalten, winterlichen Rohbau gesehen.“
Professionelle Moderation macht den Unterschied
Die Workshops wurden von Anfang an professionell moderiert. „In unserem Fall, wir hatten das Glück, dass eine sehr gute Freundin von uns, Maria Holm, die diese Kompetenz einfach hat und beruflich moderiert und Mediation betreibt, einfach Lust hatte, uns zu unterstützen“, erzählt Carina Krey. „Und dann haben wir das quasi zu dritt mit dem Team, mit unseren Mitarbeitern immer diese Workshops gestaltet, vorbespprochen, Themen dafür gefunden.“
In den Workshops wurden wichtige Dinge erarbeitet: „In diesen Workshops gibt es immer Informationen zum Haus, früher zur Baustelle. Neue Mieter werden eingegliedert, alle lernen sich kennen. Man hat gemeinsam das Regelwerk entwickelt, das in dem Haus existiert, dass die Mieter miteinander festgelegt haben und es ist natürlich auch immer ein geselliges Beisammensein und ein schönes Miteinander.“
Die Workshops werden fortgeführt: „Wir planen so etwa ein bis zwei Workshops im Jahr jetzt auch weiterhin, damit das Gute auch gut bleibt.“

Hardware und Software des Zusammenlebens
Die Gemeinschaftsräume sind vollständig ausgestattet. Das Prinzip dahinter ist klar: „Die Räume sind alle möbliert, innenarchitektonisch aufwendig, so ein bisschen so, wie es in Hotels dann auch Räume gibt, die zur Verfügung stehen. Wir haben immer gesagt, wir stellen die Hardware sozusagen, wir stellen die Rahmenbedingungen und die Mieter füllen das Ganze mit Leben.“
Ein Beispiel ist die Bibliothek: „Wir haben das Sofa und die Tische und den Kamin und die Regale entworfen und bauen lassen. Und die Mieter haben in einer Projektgruppe, die aus ihnen selbst entstanden ist, sich dann überlegt, wie füllen wir denn die Bücherregale, damit nicht jeder einfach nur seine Bücherkisten dahinstellt, sondern wie kann man das dann machen, dass wir nicht nachher zehnmal das gleiche Buch in der Reihe stehen haben.“
Wichtig: „Was ganz wichtig ist zu sagen, es gibt keine Pflichten in unserem Objekt. Also wenn man sich beteiligt, macht man das freiwillig. Also man muss nichts.“
Die Zentrale als Herzstück
Im Foyer gibt es eine besondere Einrichtung: „Ganz wichtig in dem kleinen Foyer unten, wenn man reinkommt, ist unsere sogenannte Zentrale. Und an dieser Zentrale ist werktags eine Dame, die die Mieter mit Serviceleistungen versorgt, wenn sie das möchten. Das ist aber alles in der Miete inbegriffen.“ Sie „sorgt natürlich dafür, dass es im Haus alles in Ordnung ist, ist Ansprechpartnerin für die Mieter und katalysiert auch alle Ideen, die aus der Mieterschaft kommen.“

Über 20 Themengruppen und gelebtes Leben
Vielfalt entsteht von selbst
Die Gemeinschaft im ANUNDO_Park ist lebendig: „Es haben sich mittlerweile über 20 Themengruppen gefunden aus der Mieterschaft. Die machen zusammen Sport, die spielen Theater. Es gibt eine Theatergruppe mit regelmäßigen Aufführungen. Es gibt eine Boule-Gruppe. Es wird gemeinsam gebacken, regelmäßig gekocht im Projektraum“, zählt Carina Krey auf. „Es gibt Silvesterpartys und private Feste. Es entfaltet sich einfach das Leben, das sich entfaltet, wenn die Rahmenbedingungen, die räumlichen Rahmenbedingungen dafür da sind.“
Dabei betont sie: „Mir ist es wichtig zu sagen, das entsteht rein aus den Mietern selbst. Also wir geben keine Themen vor. Also wir haben die Architektur quasi als Rahmen gegeben und wir erfreuen uns daran, was sich darin entwickelt.“ Es gibt „kein Animationsprogramm in irgendeiner Art und Weise.“
Auch Arbeit ist möglich
Obwohl das Projekt für die zweite Lebenshälfte konzipiert ist, arbeiten viele Mieter noch: „Wir haben WLAN in allen Gemeinschaftsräumen und wir haben auch Mieter, die dort mit ihren Laptops mal sitzen, aber wir haben natürlich auch viele Mieter, die sind auch noch berufstätig. Und in dem Projektraum gibt es auch große Arbeitstische.“
Die richtige Mischung macht’s
Bewusste Mieterauswahl
Die Zusammensetzung der Gemeinschaft wurde nicht dem Zufall überlassen. „Wir haben alle Mieter, wenn es irgendwie zeitlich möglich war, zu zweit oder zu dritt auch gesehen. Wir haben die Entscheidung auch im Team getroffen, ob wir eine Zusage geben oder nicht“, erklärt Carina Krey.
Dabei spielten mehrere Faktoren eine Rolle: „Wir haben natürlich so bisschen geguckt, dass wir auch einige Paare haben, dass es auch Einzelpersonen gibt. Wir haben geguckt, dass das Männer-Frauen-Verhältnis in etwa ausgewogen ist.“
Besonders wichtig war die Altersspanne: „Wir haben versucht, die Altersspanne relativ gleichmäßig, also jedes Alter zu besetzen. Wenn wir jetzt lauter 55-jährige Mieter hätten, dann wäre es ja in 30 Jahren oder in 40 Jahren doch eine Art Altersheim sozusagen. Wenn zwischen 50 und 90, das sind ja auch schon wieder zwei Generationen.“
Bauchgefühl war entscheidend
Letztlich war auch Intuition im Spiel: „Es war ehrlich gesagt viel nach Bauchgefühl“, gibt Carina Krey zu. „Manchmal gab es die Situation, es war gefühlt, wir brauchen einen Mann oder so, oder wir brauchen Männer und haben vielleicht auch Frauen abgesagt, die zu dem Zeitpunkt vielleicht dann irgendwie auch gepasst hätten. Aber es war so bisschen aus dem Bauch raus.“
75 Mieter zwischen 50 und 90
Aktuell leben 75 Mieter im ANUNDO_Park. „Die Wohnungen sind von ein oder zwei Personen belegt. Also wir haben entweder Paare oder Einzelpersonen, aber wir haben ja keine Familien. Also für diese Sozialgruppe ist das Projekt ja nicht ausgerichtet.“
Der jüngste Mieter ist etwa 52 Jahre alt, der älteste 90. „Im Durchschnitt sind die etwa so, ich glaube so 63, 64. Jünger als wir erwartet hatten.“
Motivation der Mieter
Gemeinschaft als Hauptmotiv
„Viele hatten Lust auf Gemeinschaft, viele hatten Lust oder vielleicht auch Sorge vor alleine alt werden, alleine wohnen“, beschreibt Carina Krey die Motive ihrer Mieter.
Weitere Gründe: „Manche hatten gesagt, uns ist klar, dass uns irgendwann unser großer Garten auch zu viel Arbeit machen wird. Wir wollen lieber reisen. Wir wollen lieber ballastfrei wohnen. Wir haben noch mal Lust auf was Neues.“
Jüngere wollten auch einziehen
Interessanterweise gab es auch Interesse von jüngeren Menschen: „Wir haben auch Mieter, ein oder zwei, die jünger sind als 55. Die jüngste ist, glaube ich, aktuell 52 oder so. Also wichtig ist für uns ja gar nicht diese Zahl, sondern wir haben gebaut für die zweite Lebenshälfte und das ist in der Regel dann, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Wir haben einfach keine Grundrisse für Familien konzipiert. Wir sind deshalb kein kinderfeindliches Haus, sondern wir wollten einfach dieser anderen Altersklasse was Gutes tun.“
Die Resonanz war enorm: „Die Resonanz war riesig auf das Projekt. Ich glaube gerade, es ist wirklich besonders schöne Architektur und hat wirklich nichts zu tun mit irgendeinem Alterswohnen.“
Vollvermietung und lebendige Gemeinschaft
Das Haus ist voll
„Das Haus ist komplett vermietet. Wir haben verschiedene Interessenten notiert, aber es muss natürlich auch immer genau passen, dass die Wohnungsgröße, die frei wird, auch gefragt ist“, erklärt Carina Krey. „Ein bisschen Bewegung ist immer. Eine Wohnung wird jetzt auch frei Anfang nächsten Jahres. Im Großen und Ganzen ist es natürlich jetzt eine stabile Gemeinschaft. Ja, ändert sich. Der Wandel ist ewig.“
Zufriedene Mieter
Das Feedback ist durchweg positiv: „Wir kennen eigentlich nur Mieter, die gesagt haben, es war eine tolle Entscheidung.“
Herausforderungen und der Wunsch nach mehr
Gemeinschaft wird zum Marketingbegriff
Carina Krey beobachtet einen Trend: „Ich sehe bei Kollegen, dass es immer öfter so ist, dass bei der Vermarktung von Projekten immer öfter das Wort gemeinschaftliches Wohnen, Gemeinschaft fällt. Es wird viel damit geworben.“
Aber sie warnt: „Es hilft halt nichts, glaube ich, irgendwo einen Gemeinschaftsraum irgendwie ins Dachgeschoss zu packen und zu hoffen, dass die Leute dahingehen, irgendwas Lustiges miteinander machen. Es ist halt vielschichtiger. Wenn man das von vornherein so aufgleist, dann kann das auch gelingen oder dann gelingt das auch.“
Mehr Unterstützung nötig
Ein wichtiger Punkt sind die Rahmenbedingungen: „Städte müssten das natürlich auch unterstützen oder auch Kirchen, die Grundstücke abgeben, die Gebäude abgeben. Es war wirklich schwer, ein Grundstück zu finden, zumal wir halt nicht so ein bekannter Immobilieninvestor in der Gegend waren, sondern wir haben einfach gesagt, wirklich, wir wollen wirklich was Gutes machen. Wir konnten aber auch nicht mehr tun, als das irgendwie zu versichern.“
Carina Kreys Wunsch: „Es wäre vielleicht auch möglich, Investoren es einfacher zu machen oder auch im kleineren Maßstab die Weichen vielleicht besser zu stellen, dass da Unterstützung von der Stadt auch kommt. Das wäre vielleicht hilfreich.“
Hoffnung für die Zukunft
Trotz der Herausforderungen ist Carina Krey optimistisch: „Ich glaube und ich hoffe, dass sich das Thema Gemeinschaft weiter durch die Gesellschaft zieht, dass der Bedarf immer größer ist und dass auch danach gefragt wird. Und in dem Moment, wo die Nachfrage da ist, wird auch das Angebot folgen. Das hoffe ich einfach. Und dass es dann auch in einer guten Qualität, in einer guten architektonischen Qualität umgesetzt wird.“
Was Gemeinschaft mit dem eigenen Leben macht
Arbeit und Leben verschmelzen
Für Carina Krey und ihren Mann ist der ANUNDO_Park mehr als nur ein Bauprojekt: „Unser Wohnprojekt ist natürlich eigentlich die Blaupause für das, wie wir es ideal finden, sonst hätten wir es ja so nicht gemacht. Aber für uns ist es im Moment natürlich schon auch Arbeitsplatz. Also es war jetzt so lange unser Arbeitsplatz und ist es natürlich immer noch ein bisschen. Insofern ist das Bild von uns jetzt im Moment nicht, in dieses Objekt mal zu ziehen.“
Gemeinschaft im eigenen Leben
Aber die intensive Beschäftigung mit dem Thema Gemeinschaft hat Spuren hinterlassen: „Wenn man sich so viel mit Gemeinschaft beschäftigt und so viel mit Zusammenkunft und so, dann ändert das natürlich auch was im privaten Leben. Wir merken, dass dieser Impuls, auch die Straßengemeinschaft, wo wir leben, irgendwie zu stärken, unsere Hausgemeinschaft zu stärken, dass sowas dann auch irgendwie mehr wird.“
Konkret bedeutet das: „In unserem eigenen Haus haben wir jetzt zum Beispiel diese Veränderung, dass wir oben Freunde wohnen haben und wir teilen mit denen auch ein Geschoss bei uns in unserem eigenen Haus.“
Learnings für andere Projekte
Ein Weg, der sich beim Gehen entwickelte
Rückblickend beschreibt Carina Krey den Prozess so: „Für uns war es ein Weg, der sich beim Gehen entwickelt hat und den wir immer wieder so gehen würden. Nächstes Mal wäre es einfacher.“
Die Erfahrungen gibt sie gerne weiter: „Was wir jetzt natürlich wüssten für das nächste Projekt oder was wir auch gerne weitergeben könnten, wenn sich da jemand dafür interessiert.“
Warum Sie dieses Podcast-Interview hören sollten?
Weil Carina Krey zeigt, dass die Frage „Wie wollen wir im Alter wohnen?” eine Antwort haben kann, die schön ist. Weil sie beweist, dass Gemeinschaft im Alter kein Zufall ist, sondern gestaltet werden kann. Und weil sie Mut macht, auch ohne Erfahrung große Projekte anzupacken, wenn die Vision stimmt.
Das Interview bietet konkrete Einblicke in die Entwicklung eines Wohnprojekts: Von der ersten Idee über die Grundstückssuche bis zur gelebten Gemeinschaft. Sie erfahren, wie wichtig die richtige Architektur ist, welche Rolle professionell moderierte Workshops spielen und warum die bewusste Zusammensetzung der Mieter über Erfolg oder Misserfolg entscheiden kann.
Carina Krey macht deutlich, dass echte Gemeinschaft mehr braucht als einen Raum im Dachgeschoss. Sie braucht Konzept, Begleitung und Menschen, die bereit sind, diesen Weg zu gehen. Der ANUNDO_Park zeigt, wie das gelingen kann.
Weitere Informationen finden Sie hier:
Website ANUNDO_Park Mannheim
Website Carina Krey
LinkedIn Carina Krey

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Interview mit Carina Krey:
Bezahlbares Wohnen 55+ wie im Boutique-Hotel
Herzlich willkommen in meinem LIVVING Podcast-Studio, liebe Carina Krey. Warum ich Sie eingeladen habe? Weil Sie dieselbe Frage bewegt wie mich – nämlich: Wie wollen wir eigentlich wohnen, wenn wir älter werden? Und weil Ihre Antwort darauf ganz konkrete Projekte sind. Sie sind Architektin, Baubiologin und Projektentwicklerin. Zusammen mit Ihrem Mann haben Sie unter anderem den ANUNDO_Park in Mannheim umgesetzt – ein wunderschönes Bauprojekt, das zeigt, wie modernes, bezahlbares Wohnen für die zweite Lebenshälfte aussehen kann: mit 54 Mietwohnungen, über 300 Quadratmetern Gemeinschaftsflächen, einem Restaurant im Haus und ganz viel Leben dazwischen. Ich freue mich auf dieses Gespräch mit Ihnen, in dem wir nicht nur über Architektur und Konzepte sprechen, sondern auch darüber, wie daraus echte Orte für Begegnung, Beteiligung und gutes Älterwerden entstehen. Hallo, liebe Frau Krey!Carina Krey:
Hallo, liebe Frau Mattheis, vielen Dank für die schöne Einladung.Claudia Mattheis:
Starten wir doch mal ganz soft. Sie beschäftigen sich seit Jahren mit der Frage, wie man in der zweiten Lebenshälfte wohnen will. Wie kamen Sie denn dazu? Gab es einen Auslöser?Carina Krey:
Der Auslöser war – wie so oft – das eigene Leben und ein bisschen Zufall. Es ist wahrscheinlich schon etwa zehn Jahre her, dass ich mit meinem Mann in einem Hotel saß, am Abend bei einem Glas Wein. Unsere Kinder waren damals schon selbstständiger – noch nicht ganz ausgezogen, aber auf dem Sprung – und wir haben uns, wie so viele Paare oder Menschen in unserem Alter, gefragt: Wie wollen wir leben, wenn die Kinder aus dem Haus sind? Wie machen das andere? Welche Modelle gibt es? Wir haben uns das bei Senioren in unserer Familie angesehen, und diese Frage hat uns bewegt und motiviert, einen Wunsch zu erfüllen, nämlich endlich unsere Kompetenzen zusammenzuwerfen und gemeinsam ein Projekt auf die Beine zu stellen. So hat das Ganze seinen Lauf genommen.Claudia Mattheis:
Das heißt, Sie arbeiten mit Ihrem Mann gemeinsam. Ist er auch Architekt?Carina Krey:
Nein, mein Mann ist Diplom-Kaufmann. Wir hatten bis dahin beruflich keine Verbindung. Er führt einen mittelständischen Industriebetrieb, hatte aber – wie ich – den Wunsch, sich in der Lebensmitte noch einmal zu verändern und etwas gesellschaftlich Relevantes auf die Beine zu stellen.Claudia Mattheis:
Wenn ich das richtig gelesen habe, haben Sie schon 2018 angefangen, über das neue Wohnkonzept von ANUNDO nachzudenken. Was war Ihre erste Idee, und wie wurde daraus ein echtes Projekt? Es hat ja doch eine Weile gedauert.Carina Krey:
Unsere ersten Gedanken entstanden sogar schon vor 2018. Wir haben lange überlegt, wie eine neue Wohnform aussehen könnte, die leicht, bunt und lebendig ist. Die Soziologen sprechen vom sogenannten Haus der 100. Das bedeutet: Wenn etwa hundert Menschen zusammenleben, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man jemanden findet, mit dem man sich gut versteht. Bei kleineren Gruppen kann es schneller zu Spannungen kommen oder dazu, dass die Gemeinschaft auseinanderfällt. Für uns war also klar, dass wir ein größeres Projekt schaffen wollten – für Menschen in der zweiten Lebenshälfte, die bewusst in Gemeinschaft leben möchten.
Carina Krey:
Das stimmt. Unsere erste Idee war, eine Wohnform zu schaffen, die leicht, bunt und aktiv ist – und die dem negativen Image des Älterwerdens in unserer Gesellschaft einen Kontrapunkt setzt. Unser Leitbild war: Man soll dort wohnen können, als wäre man in einem kleinen Boutique-Hotel. Diese Vorstellung hat uns konzeptionell und gestalterisch durch das ganze Projekt begleitet.
Claudia Mattheis:
Was bedeutet denn „ANUNDO“ überhaupt?
Carina Krey:
„ANUNDO“ ist ein Kunstwort, das sich aus den Anfangsbuchstaben unserer Kinder zusammensetzt – ganz profan. Es klang gut, und dann hat es sich verselbstständigt. Wir fanden es einfach schön.
Claudia Mattheis:
Wie kam es dann zur Umsetzung – also vom Konzept zum Grundstück?
Carina Krey:
Wir wollten etwas Neues schaffen – bunt, aktiv und mit positiver Energie. Also gingen wir auf Grundstückssuche, nahmen Kontakt mit Städten, Bürgermeistern und der Kirche auf. Wir hatten keine Erfahrung mit einem so großen Objekt. 2019 hatten wir dann das Glück, bei einem Wettbewerb der Stadt Mannheim teilnehmen zu können. Die Stadt hatte Flächen rund um das Gelände der Bundesgartenschau ausgeschrieben, und man suchte nach Konzepten. Wir haben unsere Architektur und Idee eingereicht – und tatsächlich die Zusage bekommen, ein Grundstück direkt am Rand der Bundesgartenschau, mit Blick auf den Park, bebauen zu dürfen. Es war ein großes Glück.
Claudia Mattheis:
Gehörte das Grundstück der Stadt Mannheim oder Ihnen?
Carina Krey:
Das gehört uns mittlerweile. Es wurde verkauft – allerdings gebunden an die Konzeptidee. Wir waren verpflichtet, das umzusetzen, was wir versprochen hatten. Das wurde auch im Kaufvertrag so festgeschrieben.
Claudia Mattheis:
Das heißt, Sie sind Investoren, Grundstückseigentümerinnen, Bauherren, Architekten und Vermieterinnen in Personalunion?
Carina Krey:
Genau. Es ist immer ein „Wir“ – mein Mann und ich. Aber bei so einem großen Projekt hatten wir natürlich Unterstützung von einem größeren Architekturbüro für die Ausführungsplanung und Bauleitung. Wir selbst hatten die künstlerische Oberleitung, das Konzept und die Innenarchitektur in der Hand.
Claudia Mattheis:
Sie sagten, es sollte die Anmutung eines Boutique-Hotels haben, ist aber gleichzeitig altersgerecht. Beschreiben Sie doch mal die Architektur.
Carina Krey:
Das Objekt besteht aus zwei Gebäuden, verbunden durch einen großen gemeinschaftlichen Garten. Es gibt fünf- und sechsgeschossige Häuser mit insgesamt 54 unterschiedlich großen, individuell geschnittenen Mietwohnungen – alle gut ausgestattet. Dazu kommen rund 300 Quadratmeter Gemeinschaftsflächen: eine Werkstatt, Bibliothek, ein Projektraum, Fitnessraum, Sauna, Dachterrassen und ein doppelgeschossiges Musikzimmer. Diese Räume sind über das ganze Haus verteilt, sodass man ihnen auf dem Weg durch das Gebäude immer wieder begegnet. So entstehen zufällige Begegnungen, Gespräche und Freundschaften – das ist das Herz des Hauses.
Claudia Mattheis:
Bei 54 Mietwohnungen leben dort wahrscheinlich über 100 Menschen?
Carina Krey:
Wir haben aktuell 75 Mieterinnen und Mieter – meist Paare oder Einzelpersonen. Familien mit Kindern sind nicht Zielgruppe dieses Projekts.
Claudia Mattheis:
Wie werden die Gemeinschaftsflächen bespielt und gepflegt?
Carina Krey:
Alle Räume sind hochwertig möbliert – ähnlich wie in einem Hotel. Wir stellen die „Hardware“, also die Räume, und die Mieter füllen sie mit Leben. Beispielsweise hat eine Mietergruppe die Bibliothek organisiert und festgelegt, wie die Bücherregale gefüllt werden. Diese Regeln wurden in Workshops gemeinsam erarbeitet. Schon während der Bauphase haben wir mit solchen Mieter-Workshops begonnen – inzwischen sind es über 20. Sie werden professionell moderiert und fördern Austausch, Mitgestaltung und Gemeinschaft.
Claudia Mattheis:
Das ist beeindruckend. Wie war der zeitliche Ablauf?
Carina Krey:
Wir haben das Grundstück 2019 bekommen, 2020 mit der Planung und den Workshops begonnen, gebaut wurde 2021 bis 2023. Pünktlich zur Bundesgartenschau im April 2023 musste alles fertig sein – trotz Pandemie, Energiekrise und Lieferschwierigkeiten. Es war sportlich, aber wir haben es geschafft.
Claudia Mattheis:
Das Haus ist für Menschen 55 plus gedacht. Gab es auch jüngere Interessenten?
Carina Krey:
Ja, das war sogar ein Kompliment. Wir haben die Altersgrenze flexibel gehalten – einige Mieter sind Anfang 50. Es geht uns nicht um die Zahl, sondern um die Lebensphase nach der Familienzeit. Wir wollten ein Zuhause für die zweite Lebenshälfte schaffen, nicht für Familien.
Claudia Mattheis:
Wie alt ist der älteste Mieter?
Carina Krey:
Etwa 90. Im Schnitt liegt das Alter bei Mitte 60 – etwas jünger, als wir erwartet hatten.
Claudia Mattheis:
Also machen sich viele schon mit Mitte 50 Gedanken über ihre Zukunft?
Carina Krey:
Ja, absolut. Viele sind aktiv, möchten bewusst gestalten. Diese Lebensphase bietet unglaublich viel Potenzial – und unsere Mieter sagen alle, es war die richtige Entscheidung.
Claudia Mattheis:
Was motiviert die Bewohner, bei Ihnen einzuziehen?
Carina Krey:
Viele wollen Gemeinschaft, Austausch und weniger Einsamkeit. Andere wollen sich verkleinern, ihren Garten abgeben, mehr reisen oder einfach ballastfreier leben. Es sind durchweg positive Beweggründe.
Claudia Mattheis:
Und werden die Gemeinschaftsflächen auch so genutzt, wie Sie es sich erhofft hatten?
Carina Krey:
Ja, sehr. Wir haben bewusst viele Möglichkeiten geschaffen – vom Musikzimmer über die Werkstatt bis zur Bibliothek. Alles füllt sich mit Leben. Im Foyer gibt es zudem eine Zentrale, wo eine Mitarbeiterin tagsüber Ansprechpartnerin für alle ist, Ideen bündelt und kleine Serviceleistungen koordiniert. So bleibt alles lebendig und gepflegt.
Claudia Mattheis:
Wie wurde die Gemeinschaft zusammengestellt?
Carina Krey:
Wir haben mit jedem Interessenten persönlich gesprochen. Wichtig war uns eine gute Mischung: Männer und Frauen, Paare und Einzelpersonen, verschiedene Altersgruppen. So entsteht Balance. Wir haben auch bewusst entschieden, wenn jemand nicht ganz passte – das Bauchgefühl spielte eine große Rolle.
Claudia Mattheis:
Das Haus ist komplett vermietet?
Carina Krey:
Ja, es ist voll belegt. Es gibt Interessenten auf einer Warteliste, aber es muss natürlich immer passen – Wohnung, Größe, Lebensstil. Bewegung gibt es trotzdem immer ein bisschen.
Claudia Mattheis:
Das Projekt gilt als Leuchtturm in Mannheim. Was müsste geschehen, damit mehr solcher Wohnprojekte entstehen?
Carina Krey:
Wir brauchen mehr Vorbilder – Projekte, die zeigen, dass Gemeinschaft und Qualität zusammen funktionieren. Es braucht Investoren mit Haltung und Kommunen, die solche Vorhaben unterstützen. Grundstücke zu bekommen war extrem schwer. Aber ich hoffe, dass der Bedarf und die Nachfrage weiter wachsen – dann folgen auch mehr Angebote.
Claudia Mattheis:
Wie sehen Sie die Resonanz aus Ihrem Kollegenkreis?
Carina Krey:
Viele Kolleginnen und Kollegen finden es spannend, und der Begriff „gemeinschaftliches Wohnen“ taucht inzwischen häufiger in der Branche auf. Aber es reicht nicht, einfach nur einen Gemeinschaftsraum irgendwo hinzusetzen. Man muss die Idee mitdenken und leben – dann funktioniert es.
Claudia Mattheis:
Und wie möchten Sie selbst einmal wohnen?
Carina Krey:
Unser Projekt ist eigentlich die Blaupause dafür, wie wir uns das ideale Wohnen vorstellen. Trotzdem ist es für uns im Moment vor allem Arbeitsplatz. Privat leben wir ebenfalls gemeinschaftlich – in unserem Haus teilen wir ein Geschoss mit Freunden. Unsere Kinder sind noch oft da, also sind wir mitten im Wandel. Aber das Thema Gemeinschaft hat auch in unserem eigenen Leben viel stärker Einzug gehalten.
Claudia Mattheis:
Ein wunderbares Schlusswort. Vielen Dank für das inspirierende Gespräch – und ich hoffe, dass viele Ihrem Beispiel folgen. Und wenn Sie was in Berlin bauen, dann bitte sofort bei mir melden. Ich möchte da auch drin wohnen, so wie Sie das erzählt haben. Danke.
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