Zwei Mitarbeiter des Gesundheitswesens kümmern sich in einer hellen, wohnlichen Umgebung um drei ältere Menschen. Zu sehen sind Lächeln und ein Rollstuhl.

Steigende Kosten im Pflegeheim? Was wirklich erlaubt ist – und was nicht
!

Pflegeheime werden immer teurer – doch nicht jede Preiserhöhung ist rechtens. Erfahren Sie, wie Sie sich vor unzulässigen Forderungen schützen können.

Die monatlichen Kosten für einen Platz im Pflegeheim steigen stetig – in Nordrhein-Westfalen liegt die Eigenbeteiligung mittlerweile bei über 3.000 Euro pro Monat. Viele Menschen fragen sich, wie sie das finanzieren sollen und ob jede Kostensteigerung einfach hingenommen werden muss.

Rund um das Thema Pflegeheimkosten gibt es viele falsche Annahmen.
Welche Erhöhungen sind erlaubt? Wann dürfen Pflegeheime die Preise anpassen?
Und welche Rechte haben Bewohner:innen?

Pflegerechtsexpertin Verena Querling von der Verbraucherzentrale NRW klärt auf: „Es ist immer ratsam, Kostenerhöhungen zu prüfen, denn teilweise entsprechen die Schreiben nicht den gesetzlichen Regeln.“

Das Wichtigste auf einen Blick

Pflegeheime dürfen die Preise nicht willkürlich erhöhen, sondern müssen gesetzliche Vorgaben einhalten.

Es gibt keine feste Obergrenze für Preiserhöhungen, aber die Kosten müssen angemessen sein und sich begründen lassen.

Mehrere Preiserhöhungen pro Jahr sind möglich, wenn die Bedingungen erfüllt sind.

Jede Erhöhung muss mit der Pflegekasse und dem Sozialamt verhandelt werden, bevor sie an die Bewohner:innen weitergegeben wird.

Rückwirkende Zahlungen sind erlaubt, wenn die Erhöhung mit Verzögerung genehmigt wird.

Sozialämter übernehmen keine Schulden, sondern nur Kosten, wenn der Antrag rechtzeitig gestellt wurde.

Zwei Mitarbeiter des Gesundheitswesens kümmern sich in einer hellen, wohnlichen Umgebung um drei ältere Menschen. Zu sehen sind Lächeln und ein Rollstuhl.
Die Pflege in einem Pflegeheim ist kostenintensiv. Doch nicht jede Preiserhöhung ist zulässig (KI-generiertes Bild @ Gemini)

Die 6 wichtigsten Fragen und Irrtümer zu Pflegeheimkosten

1. Dürfen Pflegeheime ihre Preise einfach erhöhen?

Nein! Pflegeheime können nicht nach Belieben die Kosten anpassen. Sie müssen sich an das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz halten. Das bedeutet konkret:

  • Eine Erhöhung muss schriftlich angekündigt werden.
  • Das Schreiben muss den genauen Erhöhungsbetrag, eine Begründung und das Datum der neuen Kosten enthalten.
  • Es gilt eine Mindestfrist von vier Wochen, bevor die neuen Kosten greifen.
  • Eine Preiserhöhung tritt erst in Kraft, wenn die Bewohner:innen zustimmen.

Falls Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Erhöhung bestehen, lohnt es sich, genau hinzuschauen. Die Verbraucherzentrale NRW stellt hierfür einen Musterbrief für Widerspruch bereit.

2. Gibt es eine Obergrenze für Pflegeheimkosten?

Nein. Es gibt keine feste Obergrenze für Preissteigerungen, aber Pflegeheime dürfen nur tatsächlich anfallende und angemessene Kosten auf die Bewohner:innen umlegen.

Dazu gehören:
• Steigende Kosten für Pflege und Betreuung
• Höhere Lohn- und Personalkosten
• Mehrkosten für Energie und Lebensmittel
• Notwendige Renovierungen und Modernisierungen

Aber: Luxusmodernisierungen dürfen nicht auf die Bewohner:innen umgelegt werden.
In Nordrhein-Westfalen regelt das Alten- und Pflege-Gesetz, welche Investitionen als angemessen gelten.

3. Dürfen Pflegeheime mehrfach im Jahr die Preise erhöhen?

Ja, das ist möglich. Es gibt keine Begrenzung auf eine Erhöhung pro Jahr. Falls sich die Kosten für das Heim innerhalb eines Jahres mehrfach erhöhen, kann dies auch mehrfach an die Bewohner:innen weitergegeben werden.

Wichtig ist dabei: Jede Erhöhung muss sich an die gesetzlichen Regeln halten. Bewohner:innen sollten daher genau prüfen, ob das Mitteilungsschreiben alle Anforderungen erfüllt.

4. Wer kontrolliert die Preissteigerungen in einem Pflegeheim?

Pflegeheime dürfen die Preise nicht eigenmächtig festlegen. Sie müssen jede geplante Erhöhung mit folgenden Stellen vorher verhandeln:

  • Pflegekassen und Sozialamt prüfen die geplanten Erhöhungen.
  • Der Landschaftsverband kontrolliert in NRW die Investitionskosten.
  • Erst nach Genehmigung der Erhöhung dürfen höhere Preise verlangt werden.

Das Problem: Diese Verhandlungen können mehrere Monate dauern – was zu einer unerwarteten Nachzahlung führen kann.

5. Können Pflegeheime rückwirkend höhere Kosten verlangen?

Ja, das ist möglich. Weil die Preisverhandlungen mit den Behörden oft Monate dauern, können genehmigte Erhöhungen rückwirkend fällig werden.

Ein Beispiel:
• Das Pflegeheim kündigt am 1. April eine Erhöhung um 500 Euro pro Monat an.
• Die Verhandlungen mit der Pflegekasse und dem Sozialamt ziehen sich bis zum 30. November.
• Wird die Erhöhung dann genehmigt, kann das Pflegeheim den Betrag rückwirkend ab dem 1. April fordern – das wären für acht Monate insgesamt 4.000 Euro Nachzahlung.

Diese Nachzahlungen können Betroffene in finanzielle Schwierigkeiten bringen. Wer eine Entgelterhöhung nicht sofort zahlen kann, sollte daher frühzeitig Unterstützung beantragen.

6. Zahlt das Sozialamt, wenn ich mir die Kosten nicht leisten kann?

Ja – aber nur, wenn Sie rechtzeitig handeln!

❌ Das Sozialamt übernimmt keine Schulden, die durch eine verspätete Antragstellung entstehen.
✅ Sobald Sie feststellen, dass Sie die Kosten nicht tragen können, sollten Sie sofort einen Antrag stellen.

Wichtig: Rückwirkende Zahlungen leistet das Sozialamt nicht!
Wird der Antrag erst nach der Genehmigung der höheren Kosten gestellt, müssen Betroffene die entstandenen Schulden selbst tragen.

Was können Sie tun, wenn das Pflgeheim die Kosten erhöht?

  • Prüfen Sie jede Preiserhöhung genau.
  • Stimmen Sie nur zu, wenn alle gesetzlichen Vorgaben erfüllt sind.
  • Nutzen Sie den Musterbrief der Verbraucherzentrale NRW, wenn Sie Widerspruch einlegen möchten.
  • Stellen Sie frühzeitig einen Antrag auf Sozialhilfe, falls Sie die Kosten nicht selbst tragen können.
  • Mit dem richtigen Wissen und schnellen Reaktionen können Sie unnötige finanzielle Belastungen vermeiden.

War dieser Beitrag hilfreich? Hat er Ihnen gefallen?

Das könnte Sie auch interessieren:

Vom Bürogebäude zur Senioren-WG: Ein Wohnmodell für die Zukunft?

Wie aus einer leer stehenden Büroimmobilie in Berlin ein liebevolles Zuhause für ältere Menschen und ein attraktiver Arbeitsplatz für Pflegekräfte wurde.

Buchtipp: Oma, ich fahr schon mal den Rollstuhl vor!

Humor, Herz und ein Rollstuhl in Niederbayern – Martin Frank erzählt mit viel Witz und Wärme von der wohl unerwartetsten Rolle seines Lebens: Enkel, Pfleger […]

LIVVING Podcast mit Dr. Bettina Horster: Wie digitale Helfer das Leben im Alter erleichtern!

Vom digitalen Notruf bis zur sozialen Teilhabe: So können intelligente Systeme Senior:innen unterstützen und Angehörige entlasten.

M-Guard Notrufarmband mit Sturzsensor: Sofortige Hilfe, ob zuhause oder unterwegs

Stellen Sie sich vor, Sie genießen einen Spaziergang in einem abgelegenen Waldgebiet, als Sie plötzlich stürzen und sich nicht bewegen können. Oder vielleicht erleben Sie […]

Nachbarschaftshilfe für Pflegebedürftige nun leichter

Weniger Hürden für ehrenamtliche Unterstützung seit Januar 2024: Seit Jahresbeginn ist es für pflegebedürftige Menschen in NRW einfacher, Nachbarschaftshilfe über die Pflegekasse abzurechnen. Denn die […]

Ist man als Kind für seine Eltern verantwortlich?

Haben wir unseren Eltern gegenüber eine Verantwortung? Müssen wir Schuldgefühle haben, wenn wir uns nicht ständig bei ihnen melden?

LIVVING Podcast mit Stefanie Lippelt-Mayenfels: Freyenstein statt Altenheim – neues Leben in der Prignitz

Wie mit Eigeninitiative und neuen Ideen die Prignitz attraktiver Lebensraum für alte & junge Menschen aus Berlin und Brandenburg wird.

Buchtipp: Handbuch Pflege: Hilfe organisieren Anträge, Checklisten, Verträge

Hilfe sollte individuell angepasst werden - so geht's Fast fünf Millionen Menschen sind hierzulande aktuell pflegebedürftig: Vier von fünf werden zu Hause versorgt – meist [...]

Mir passiert das nicht!? Vier Pflege-Irrtümer

Pflegebedürftigkeit im Alter – damit möchten sich viele Menschen nicht befassen. Der Gedanke, vieles nicht mehr selbst zu können und gesundheitlich abzubauen, macht Angst. Doch [...]

Pflegefall – was nun? Frühzeitig Beratungsanspruch nutzen

Pflegeberatung sollte die erste Anlaufstelle sein, rät die Verbraucherzentrale NRW Es ist ein typischer Fall: Die alt gewordene Mutter wird nach einem Sturz pflegebedürftig aus [...]

Welche Alternativen gibt es zum Pflegeheim?

Menschen mit einem erhöhten Pflegebedarf wird häufig zu einem Umzug in ein Pflegeheim geraten. Für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen, die dies jedoch nicht möchten, gibt [...]

Pflege-WG auf dem Bauernhof: Pflegebauernhof bietet Wohnen im Grünen mit Familienanschluss

Pflegebauernhöfe bieten besondere Form des betreuten Wohnens. So funktioniert das Leben auf dem Land.

Buchtipp: Wer gebraucht wird, lebt länger

Was in der Pflege schiefläuft und der Beweis, dass es auch anders geht Im Seniorenheim bekommen alte Menschen üblicherweise sämtliche Aufgaben abgenommen. Weil sie sich [...]

Ausbildung zum Senioren-Assistenten

Senioren-Assistenten sind selbständige Dienstleister, die vor Ort Seniorinnen und Senioren dabei helfen, möglichst lange in der häuslichen Umgebung zu bleiben, soziale Kontakte aufrechtzuerhalten und die [...]

Nicht mehr alleine leben – Finanzierung einer Pflege-WG

Besonders in Zeiten von Corona haben viele von uns den Wert von Gesellschaft neu schätzen gelernt. Für Pflegebedürftige, die weder alleine zuhause noch in einem [...]