Pflegeheime werden immer teurer – doch nicht jede Preiserhöhung ist rechtens. Erfahren Sie, wie Sie sich vor unzulässigen Forderungen schützen können.
Die monatlichen Kosten für einen Platz im Pflegeheim steigen stetig – in Nordrhein-Westfalen liegt die Eigenbeteiligung mittlerweile bei über 3.000 Euro pro Monat. Viele Menschen fragen sich, wie sie das finanzieren sollen und ob jede Kostensteigerung einfach hingenommen werden muss.
Rund um das Thema Pflegeheimkosten gibt es viele falsche Annahmen.
Welche Erhöhungen sind erlaubt? Wann dürfen Pflegeheime die Preise anpassen?
Und welche Rechte haben Bewohner:innen?
Pflegerechtsexpertin Verena Querling von der Verbraucherzentrale NRW klärt auf: „Es ist immer ratsam, Kostenerhöhungen zu prüfen, denn teilweise entsprechen die Schreiben nicht den gesetzlichen Regeln.“
Das Wichtigste auf einen Blick
✔ Pflegeheime dürfen die Preise nicht willkürlich erhöhen, sondern müssen gesetzliche Vorgaben einhalten.
✔ Es gibt keine feste Obergrenze für Preiserhöhungen, aber die Kosten müssen angemessen sein und sich begründen lassen.
✔ Mehrere Preiserhöhungen pro Jahr sind möglich, wenn die Bedingungen erfüllt sind.
✔ Jede Erhöhung muss mit der Pflegekasse und dem Sozialamt verhandelt werden, bevor sie an die Bewohner:innen weitergegeben wird.
✔ Rückwirkende Zahlungen sind erlaubt, wenn die Erhöhung mit Verzögerung genehmigt wird.
✔ Sozialämter übernehmen keine Schulden, sondern nur Kosten, wenn der Antrag rechtzeitig gestellt wurde.
Die 6 wichtigsten Fragen und Irrtümer zu Pflegeheimkosten
1. Dürfen Pflegeheime ihre Preise einfach erhöhen?
Nein! Pflegeheime können nicht nach Belieben die Kosten anpassen. Sie müssen sich an das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz halten. Das bedeutet konkret:
- Eine Erhöhung muss schriftlich angekündigt werden.
- Das Schreiben muss den genauen Erhöhungsbetrag, eine Begründung und das Datum der neuen Kosten enthalten.
- Es gilt eine Mindestfrist von vier Wochen, bevor die neuen Kosten greifen.
- Eine Preiserhöhung tritt erst in Kraft, wenn die Bewohner:innen zustimmen.
Falls Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Erhöhung bestehen, lohnt es sich, genau hinzuschauen. Die Verbraucherzentrale NRW stellt hierfür einen Musterbrief für Widerspruch bereit.
2. Gibt es eine Obergrenze für Pflegeheimkosten?
Nein. Es gibt keine feste Obergrenze für Preissteigerungen, aber Pflegeheime dürfen nur tatsächlich anfallende und angemessene Kosten auf die Bewohner:innen umlegen.
Dazu gehören:
• Steigende Kosten für Pflege und Betreuung
• Höhere Lohn- und Personalkosten
• Mehrkosten für Energie und Lebensmittel
• Notwendige Renovierungen und Modernisierungen
Aber: Luxusmodernisierungen dürfen nicht auf die Bewohner:innen umgelegt werden.
In Nordrhein-Westfalen regelt das Alten- und Pflege-Gesetz, welche Investitionen als angemessen gelten.
3. Dürfen Pflegeheime mehrfach im Jahr die Preise erhöhen?
Ja, das ist möglich. Es gibt keine Begrenzung auf eine Erhöhung pro Jahr. Falls sich die Kosten für das Heim innerhalb eines Jahres mehrfach erhöhen, kann dies auch mehrfach an die Bewohner:innen weitergegeben werden.
Wichtig ist dabei: Jede Erhöhung muss sich an die gesetzlichen Regeln halten. Bewohner:innen sollten daher genau prüfen, ob das Mitteilungsschreiben alle Anforderungen erfüllt.
4. Wer kontrolliert die Preissteigerungen in einem Pflegeheim?
Pflegeheime dürfen die Preise nicht eigenmächtig festlegen. Sie müssen jede geplante Erhöhung mit folgenden Stellen vorher verhandeln:
- Pflegekassen und Sozialamt prüfen die geplanten Erhöhungen.
- Der Landschaftsverband kontrolliert in NRW die Investitionskosten.
- Erst nach Genehmigung der Erhöhung dürfen höhere Preise verlangt werden.
Das Problem: Diese Verhandlungen können mehrere Monate dauern – was zu einer unerwarteten Nachzahlung führen kann.
5. Können Pflegeheime rückwirkend höhere Kosten verlangen?
Ja, das ist möglich. Weil die Preisverhandlungen mit den Behörden oft Monate dauern, können genehmigte Erhöhungen rückwirkend fällig werden.
Ein Beispiel:
• Das Pflegeheim kündigt am 1. April eine Erhöhung um 500 Euro pro Monat an.
• Die Verhandlungen mit der Pflegekasse und dem Sozialamt ziehen sich bis zum 30. November.
• Wird die Erhöhung dann genehmigt, kann das Pflegeheim den Betrag rückwirkend ab dem 1. April fordern – das wären für acht Monate insgesamt 4.000 Euro Nachzahlung.
Diese Nachzahlungen können Betroffene in finanzielle Schwierigkeiten bringen. Wer eine Entgelterhöhung nicht sofort zahlen kann, sollte daher frühzeitig Unterstützung beantragen.
6. Zahlt das Sozialamt, wenn ich mir die Kosten nicht leisten kann?
Ja – aber nur, wenn Sie rechtzeitig handeln!
❌ Das Sozialamt übernimmt keine Schulden, die durch eine verspätete Antragstellung entstehen.
✅ Sobald Sie feststellen, dass Sie die Kosten nicht tragen können, sollten Sie sofort einen Antrag stellen.
Wichtig: Rückwirkende Zahlungen leistet das Sozialamt nicht!
Wird der Antrag erst nach der Genehmigung der höheren Kosten gestellt, müssen Betroffene die entstandenen Schulden selbst tragen.
Was können Sie tun, wenn das Pflgeheim die Kosten erhöht?
- Prüfen Sie jede Preiserhöhung genau.
- Stimmen Sie nur zu, wenn alle gesetzlichen Vorgaben erfüllt sind.
- Nutzen Sie den Musterbrief der Verbraucherzentrale NRW, wenn Sie Widerspruch einlegen möchten.
- Stellen Sie frühzeitig einen Antrag auf Sozialhilfe, falls Sie die Kosten nicht selbst tragen können.
- Mit dem richtigen Wissen und schnellen Reaktionen können Sie unnötige finanzielle Belastungen vermeiden.
Weiterführende Informationen & Musterbriefe:
• Wann die Kosten im Pflegeheim steigen dürfen (mit Musterbrief für eine Ablehnung)
• So bekommt man in NRW Hilfen für die Kosten im Pflegeheim
• Wann sich das Sozialamt an den Pflegekosten beteiligt
(Text Quelle: Pressestelle Verbraucherzentrale NRW)
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