Frau über 50 mit halblangen dunkelblonden Haaren blickt in Kamera, sie trägt lila Schal und rosa Jacke

Interview mit Birgit Danschke: Wie funktioniert gemeinsames Wohnen im Alter? 4.71/5 (7)

Von Senioren-WG bis Genossenschaft: Möglichkeiten und Fallstricke des gemeinschaftlichen Wohnens für Senioren.

Wie wollen wir im Alter leben? Diese Frage beschäftigt viele von uns. In diesem LIVVING Podcast gibt Birgit Danschke, Fachanwältin für Miet- und Wohneigentumsrecht und Vorstandsmitglied der WGBG, der Wirtschaftsgenossenschaft Berliner Grundbesitzer, faszinierende Einblicke in innovative Wohnkonzepte für Senioren.

Von WGs bis zu Genossenschaften – Birgit Danschke zeigt auf, wie wir unser Leben im Alter aktiv und gemeinschaftlich gestalten können.

Und das sind unsere Themen:

Frau über 50 mit halblangen dunkelblonden Haaren blickt in Kamera, sie trägt lila Schal und rosa Jacke
Birgit Danschke, Fachanwältin für Miet- und Wohneigentumsrecht und Vorstandsmitglied der WGBG, der Wirtschaftsgenossenschaft Berliner Grundbesitzer

Barrierefrei wohnen – aber wie?

Viele Senioren möchten so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben. Doch oft sind Anpassungen nötig. “Grundsätzlich besteht ein Anspruch darauf, dass eine Wohnung so weit als möglich barrierefrei gestaltet wird”, erklärt Birgit Danschke.

Ob Treppenlift oder bodengleiche Dusche – Mieter haben das Recht, solche Umbauten zu beantragen. Allerdings warnt die Expertin: “Wenn man das einfach so macht, könnte das fatale Folgen für das Mietverhältnis haben.”
Der Vermieter muss also immer einbezogen werden.

Von der Alters-WG bis zum Mehrgenerationenhaus

Birgit Danschke berichtet von inspirierenden Projekten. Eine Hausbesitzerin in Zehlendorf beispielsweise vermietet gezielt an Freundinnen: “Ich möchte alle meine Freundinnen um mich scharen im Alter”, zitiert Birgit die Dame.

Ein anderes faszinierendes Beispiel findet sich auch am Maybachufer. Dort haben sich Menschen um die 50 zusammengetan und einen Dachboden zu Gemeinschaftswohnungen umgebaut. “Das finde ich ein ganz, ganz tolles Projekt”, schwärmt Birgit Danschke. “Die machen auch ganz viel Veranstaltungen und leben das tatsächlich zusammen.”

Gemeinsam wohnen:
Rechtliches Minenfeld oder machbare Herausforderung?

Wer eine Alters-WG gründen möchte, hat gute Karten. “Vom Prinzip her ist das ganz einfach”, sagt Danschke. Mieter haben einen Anspruch auf Untervermietung. Interessant wird es bei größeren Projekten. Hier rät die Expertin zum genossenschaftlichen Modell: “Im Gegensatz zum Wohnungseigentum biete es weniger Streitpotenzial und mehr Gemeinschaftsgefühl.“

Genossenschaften – das Zukunftsmodell?

Birgit Danschke ist überzeugt: Genossenschaften sind ideal für gemeinschaftliches Wohnen im Alter. “Du hast ein ganz sicheres, stabiles Mietverhältnis”, erklärt sie. Als Paradebeispiel nennt sie das Modellprojekt Möckernkiez in Berlin – ein ganzes Neubauviertel mit 14 Wohngebäuden als Genossenschaft. “Durch dieses genossenschaftliche Prinzip ist man halt miteinander verbunden“.


Herausforderungen meistern: Praktische Tipps für die Umsetzung

Natürlich gibt es auch Herausforderungen, wenn man ein ein gemeinschaftliches Wohnprojekt angehen möchte. Birgit Danschke geht im Gespräch auf die juristischen und praktischen Aspekte ein, die bei der Umsetzung solcher Wohnprojekte beachtet werden müssen.
Sie gibt wertvolle Ratschläge, wie man den ersten Schritt macht – sei es durch die Gründung einer Genossenschaft oder die Umgestaltung einer bestehenden Immobilie. „Man darf den Aufwand nicht unterschätzen“, warnt sie, „aber wer sich frühzeitig mit der Idee einer Genossenschaft auseinandersetzt, schafft sich die besten Voraussetzungen für ein sorgenfreies Leben im Alter.“

Rechtzeitig gemeinsam planen

Das Fazit von Birgit Danschke ist klar: Ein erfülltes Leben im Alter beginnt mit der richtigen Planung. „Je älter man wird, desto schwieriger wird es, Veränderungen anzugehen. Darum sollte man sich frühzeitig überlegen, wie man leben möchte,“ rät sie.
Wer sich frühzeitig mit den eigenen Wohnwünschen auseinandersetzt und den Mut hat, neue Wege zu gehen, kann im Alter nicht nur in Sicherheit, sondern auch in Gemeinschaft und Freude leben.

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Interview mit Birgit Danschke:
Wie funktioniert gemeinsames Wohnen im Alter?

Claudia Mattheis:
Hallo liebe Birgit Danschke, herzlich willkommen in meinem LIVVING Podcast Studio. Warum ich dich eingeladen habe? Weil du eine echte Expertin in der Wohnungswirtschaft bist. Kurz zu deinem Werdegang: 1997 hast du den Master of Law an der University of Stellenbosch in Südafrika erworben. Sehr spannend. Seit 2007 bist du in Deutschland Fachanwältin für Miet- und Wohneigentumsrecht und seit 2013 bist du Vorstandsmitglied der WGBG, der Wirtschaftsgenossenschaft Berliner Grundbesitzer. Die WGBG vertritt private Eigentümer von Immobilien wie Einzeleigentümer, aber auch Eigentümergemeinschaften, Unternehmen, Vereine, Stiftungen und Kirchengemeinden. Ihr übernehmt für eure Mitglieder die Hausverwaltung oder auch gleich das komplette Immobilienmanagement. Und das ist auch der Grund, warum ich dich in den Podcast eingeladen habe, denn du hast somit einen tiefen Einblick in die Wohnungswirtschaft aus Sicht von Eigentümern.

Und das ist insofern spannend für uns bei LIVVING, weil wir uns ja mit der Frage beschäftigen, wie das Wohnen im Alter funktionieren kann. Das Spektrum reicht von barrierefreien Wohnungen über Mehrgenerationenhäuser bis hin zu Wohngemeinschaften für Senioren. Und da gleich meine erste Frage: Ist das auch bei den Immobilieneigentümern, die bei euch Mitglied sind, ein Thema?

Birgit Danschke:
Naja, also nicht bei allen, aber bei einigen schon. Die setzen sich natürlich auch mit dieser Frage auseinander. Ich habe zum Beispiel eine Eigentümerin kennengelernt, die noch nicht bei uns Mitglied ist. Sie ist selbst schon älter, hat ein Haus in Zehlendorf und sich gesagt: „Ich möchte im Alter alle meine Freundinnen um mich scharen.“ Sie besitzt ein Mehrfamilienhaus und vermietet alle Wohnungen, die frei werden, nach Möglichkeit an Menschen, die sie kennt und mit denen sie sich verbunden fühlt. Insofern ist das für Eigentümer natürlich auch eine sehr persönliche Sache – gerade, wenn sie selbst mit in der Immobilie wohnen.

Ansonsten beschäftigen sich Eigentümer vor allem dann mit dem Thema, wenn sie Mieter haben, die älter werden. Gerade Altbauten geben baulich nicht so viel her, was die altersgerechte Gestaltung betrifft. Man muss sich Gedanken machen: Wie kann ich es ermöglichen, dass die Mieter bleiben können? Das ist häufig sehr schwer, allein schon aus baurechtlicher Sicht. Ich selbst wohne auch in einer unserer Immobilien. Dort haben wir mittlerweile mindestens zwei ältere Damen – die eine läuft an Krücken, die andere mit dem Rollator. Für sie versuche ich gerade, einen Treppenlift installieren zu lassen, damit sie in ihren Wohnungen bleiben können. Ob wir das baurechtlich durchbekommen, müssen wir erst einmal sehen.

Claudia Mattheis:
Okay, gibt es da gar keinen Anspruch darauf, dass so etwas wie ein Treppenlift eingebaut wird? Im Privathaus kann das ja jeder für sich einbauen lassen.

Birgit Danschke:
Ja, aber in öffentlichen Treppenhäusern brauchst du immer einen Fluchtweg. Wenn der Treppenlift eingeklappt zu breit ist und dadurch der Fluchtweg nicht mehr den Vorschriften entspricht, dann kann es sein, dass er nicht genehmigt wird. Damit beschäftige ich mich gerade. Häufig sind gerade diese halben Treppen in Altbauten das Problem. Dabei wollen die Menschen natürlich am liebsten dort bleiben, wo sie lange gelebt haben. Ich glaube, das wird in Zukunft immer mehr Aufmerksamkeit in unserer Gesellschaft bekommen.

Claudia Mattheis:
Ja, weil die meisten Menschen wollen ja zu Hause bleiben – so lange wie möglich. Niemand zieht freiwillig ins Heim, das ist für viele der absolute „worst case“. Zudem gibt es kaum kleinere Wohnungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt, die auch noch bezahlbar wären. Deshalb ist es oft sogar besser, wenn die Leute in ihren größeren Wohnungen bleiben. Aber daraus ergibt sich ein anderes Problem: Diese Wohnungen sind oft nicht barrierefrei und eigentlich zu groß. Da würde es sich doch anbieten, Wohngemeinschaften im Alter einzurichten. Merkt ihr einen Trend dazu?

Birgit Danschke:
Nein, tatsächlich nicht. Theoretisch wäre das gar kein Problem. Stell dir vor, man hat eine riesige Wohnung, der Partner ist verstorben oder die Kinder sind ausgezogen, und plötzlich sitzt man zu zweit auf 200 Quadratmetern. Natürlich könnte man andere Menschen mit aufnehmen. Das Problem liegt aber oft woanders: Viele ältere Menschen wollen sich nicht mehr verändern. „Home is my castle“, hier fühle ich mich sicher – so denken viele. Ein Heim kommt nicht in Frage. Aber genau das macht einsam. Das Umfeld wird ja immer kleiner, Freunde sterben, man bekommt weniger Besuch und bleibt schließlich in seiner Wohnung allein zurück.

Ich habe das bei meiner Mutter erlebt. Sie wollte unbedingt zu Hause bleiben. Ich hatte mich schon nach einer Pflegekraft umgeschaut, dann kam sie aber ins Krankenhaus. Und dort hat sie mir irgendwann gesagt: „Kind, ich würde doch lieber in ein Heim gehen – hier habe ich Gesellschaft.“ Sie genoss es, mit anderen gemeinsam Mittag zu essen, an großen Tischen zu sitzen. Viele Menschen haben keine Vorstellung davon, wie schön das sein kann. Sie scheuen sich einfach vor Veränderungen. Das ist in unserer Gesellschaft ein großes Problem.

Claudia Mattheis:
Ja, das sehe ich auch so.

Birgit Danschke:
Je älter man wird, desto schwieriger wird es, das umzusetzen. Darum sollte man sich frühzeitig fragen: Wie möchte ich leben? Möchte ich wirklich einsam und allein in meiner Wohnung sitzen, oder wäre es nicht schöner, im Alter nah bei den Menschen zu wohnen, mit denen ich ohnehin schon mein Leben verbracht habe? Das muss ja nicht unbedingt eine WG sein, vielleicht reicht es auch, in der Nähe zueinander zu ziehen. Aber man muss sich rechtzeitig Gedanken machen – und es braucht jemanden, der die Initiative ergreift. Und ich glaube, dann gehen viele andere mit.

Claudia Mattheis:
Genau das ist auch unsere Erfahrung bei LIVVING. Viele um die 50 oder Mitte 50 machen sich noch keine Gedanken über das Alter, weil es noch weit weg erscheint. Die eigenen Eltern sind schon sehr alt, aber man selbst ist noch nicht so weit, dass man sich darüber Gedanken macht. Aber in Wahrheit hat man nur ein Zeitfenster von vielleicht zehn bis fünfzehn Jahren, in dem man noch wirklich handlungsfähig ist. Viele unterschätzen, dass Wohnprojekte auch eine Planungszeit brauchen. Wartet man zu lange, ist es irgendwann zu spät – man ist zu alt, vielleicht auch finanziell eingeschränkt. Deswegen wollen wir mit LIVVING Aufklärung betreiben und einen gesellschaftlichen Wandel anstoßen. Das ist jetzt ein hehres Ziel, denn wenn du das Beispiel von deiner Mutter nimmst oder anderen älteren Menschen, die mit 70, 80 in ihren Wohnungen leben, die haben vielleicht gar nicht die Idee, dass man auch was ändern könnte. Die bräuchten einen Impuls von außen.

Da frage ich mich: Könnten Eigentümer, die sehen, dass jemand allein in einer großen Wohnung lebt, das ansprechen? Wäre das ein Weg?

Birgit Danschke:
Schwierig. Man will niemandem etwas aufzwingen oder aufdrängen. Viele ältere Menschen möchten selbstbestimmt leben und würden sich von so einem Vorschlag vielleicht in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt, weil sie denken, du möchtest ihnen sagen, wie sie leben sollen. Wenn man schon unsicherer auf den Beinen ist oder die Konzentration nachlässt, dann möchte man sich erst recht nichts sagen lassen. Da eine Balance zu finden, ist schwer. Zudem haben Eigentümer gesellschaftlich derzeit keinen einfachen Stand. In der heutigen Stimmung werden sie teilweise als Gegner wahrgenommen, was schade ist. Anders ist das häufig bei Menschenei ie zusammen in einem Haus wohnen. Wenn der Eigentümer noch vor Ort wohnt, dann wissen auch die anderen Bewohner, dass das ganz normale Leute sind, d ie sich um ihr Haus und ihre Mieter kümmern. Wenn der Eigentümer nicht dort wohnt ist das oft anders. Das ist schade. Wenn die Mietverhältnisse harmonisch sind, ist es für alle schöner.

Claudia Mattheis:
Du bist ja auch Anwältin. Wie sind die juristischen Rahmenbedingungen? Angenommen, ich habe eine große Wohnung, fühle mich einsam und will eine Alters-WG gründen. Geht das so einfach?

Birgit Danschke:
Grundsätzlich ja. Es gibt einen Anspruch auf eine Untervermietungserlaubnis, so nennt sich das. Man kann also Untermietverträge abschließen und der Bundesgerichtshof hat dieses Recht für Mieter sehr gestärkt. Allerdings muss man dafür eine Erlaubnis zur Untervermietung beim Vermieter oder der Hausverwaltung beantragen. Es gibt in der Regel einen Untermietzuschlag. Das ist machbar.

Claudia Mattheis:
Das ist vielen vielleicht gar nicht bewusst. Aber es wäre theoretisch relativ einfach umzusetzen.

Birgit Danschke:
Ja, aber wie gesagt, es verändert die Struktur. Dann kommen ja die anderen, die zur Untermiete dazu kommen, aus ihren eigenen Wohnungen dazu und wohnen plötzlich zur Untermiete. Es ist etwas anderes als wenn man gemeinsam loszieht und eine neue Wohnung anmietet. Letzteres ist in Berlin allerdings nicht einfach, weil Wohnungen knapp sind.

Claudia Mattheis:
Also viel sozialer Sprengstoff. Das kann ich mir gut vorstellen. Aber theoretisch, das können wir festhalten, wäre es kein Problem jemanden zur Untermiete dazuzuholen.

Birgit Danschke:
Genau, dann sucht man sich jemanden, der einziehen möchte und klärt mit der Hausverwaltung die Untervermietungserlaubnis. Da gibt man an, wer ab wann und aus welchem Grund einziehen will. In der Regel bekommt man dann die Erlaubnis und muss einen Untermietzuschlag zahlen.

Claudia Mattheis:
Und was passiert, wenn der Hauptmieter verstirbt?

Birgit Danschke:
Das ist leider etwas schwieriger. Wenn es reine Untermieter sind, müssten sie das Mietverhältnis verlassen. Es sei denn, man hat einen gemeinsamen Haushalt geführt. Das bedeutet aber auch, dass man zusammen wirtschaften muss. Also nicht das ist mein Kühlschrankfach und das ist dein Kühlschrankfach, sondern dann ist man tatsächlich als Lebensgemeinschaft wohnt. Das muss man im Einzelfall dann prüfen. Und ich kann mir vorstellen, dass es dafür Regelungen finden lassen. Wenn man das vorher bespricht, zu einer Beratung geht und auch mit dem Eigentümer spricht und sagt: Das würden wir uns wünschen für den Fall der Fälle. Für die Eigentümer sind ältere Menschen oft zuverlässige Mieter, das könnte für Vermieter auch ein attraktives Modell sein.

Claudia Mattheis:
Dann könnte man daraus ja fast eine Kampagne machen, um Menschen dafür zu sensibilisieren. Schließlich würde dadurch auch Wohnraum frei, wenn Leute zusammenziehen. Dazu könnte man ein Mentorenprogramm anbieten, das Probleme im Vorfeld anspricht. Ich finde, das wäre eine charmante Idee, gerade für Berlin, wo so viele allein leben.

Claudia Mattheis:
Wie sieht es mit barrierefreien Umbauten in Mietwohnungen aus? Ist das machbar?

Birgit Danschke:
Nicht ohne Weiteres, aber ja, es gibt einen Anspruch darauf. Das ist im Mietrecht verankert. Zum Beispiel bei der Umrüstung auf eine bodengleiche Dusche. Man kann das beim Vermieter beantragen. Oft machen Vermieter das sogar selbst als Modernisierung, die sie umlegen können. Wichtig ist aber immer die baurechtliche Machbarkeit. Und: Man darf solche Umbauten nicht eigenmächtig durchführen, sondern muss die Zustimmung einholen.

Claudia Mattheis:
Mit Pflegegrad gibt es auch Zuschüsse – bis zu 4000 Euro, oder?

Birgit Danschke:
Ja, genau. Auch für Treppenlifte. Aber wie gesagt: Alles muss mit dem Vermieter abgestimmt sein. Einfach so etwas einzubauen, geht nicht. Man muss das beantragen. Und im Zweifel auch zurückbauen, wenn das Mietverhältnis endet.

Claudia Mattheis:
Du hattest eingangs von einem Wohnprojekt erzählt, bei dem eine Dame mit ihren Freundinnen zusammenzieht. Ist das schon umgesetzt?

Birgit Danschke:
Ja, sie hat es bereits gemacht. Ich habe sie auf einer Veranstaltung kennengelernt. Sie wohnt in ihrem Haus und hat viele Freundinnen dort einziehen lassen. Das ist ein charmanter Weg, weil man spontan jemanden zum Kaffee treffen oder gemeinsam ins Konzert gehen kann. Solche Projekte brauchen zwar Planung, aber es ist machbar. Selbst wenn es nicht das eigene Haus ist. Wenn zum Beispiel meine Freundin in einem Haus wohnt, bei dem uns die Lage gefällt und wir uns das gemeinsam vorstellen könnten. Dann können wir ja versuchen, die nächste Wohnung die frei wird, zu bekommen. Dann wären wir schon zu zweit. Und vielleicht kommt noch eine dazu und schon hat man eine kleine Gemeinschaft.

Claudia Mattheis:
Kennst du weitere Beispiele, wo Menschen im Alter zusammengefunden haben und eine neue Wohnform ausprobieren?

Birgit Danschke:
Ja, ein tolles Projekt ist am Maybachufer in Neukölln. Dort haben Menschen einen großen Dachboden gekauft und in sieben Wohnungen ausgebaut, zwischen 50 und 80 Quadratmetern. Dazu gibt es eine Gemeinschaftsfläche mit einer großen Küche, Kamin und einer Dachterrasse. Das war ein wunderschönes Projekt. Die Wohnungen sind Eigentum und die Gemeinschaftsflächen sind Gemeinschaftseigentum. Dort kann man privat sein, aber auch jederzeit Gemeinschaft erleben.

Wir haben uns mit einer Mitgründerin getroffen und die hat erzählt, sie braucht abends in keine Kneipe zu gehen. Sie geht in den Gemeinschaftsraum, und da ist immer jemand. Es kommt Besuch, da macht irgendjemand ein Essen und man kann sich dazu setzen. Und wer möchte, kann sich jederzeit zurückziehen in seine eigene Wohnung. Das finde ich ein ganz, ganz tolles Projekt. Irgendwann habe ich mal jemanden getroffen, die erzählte, wir haben heute ein Konzert bei uns in der alten WG, in Anführungsstrichen. Die kam auch zufällig aus genau diesem Projekt. Die machen also auch Veranstaltungen und leben das tatsächlich zusammen.

Claudia Mattheis:
Klingt traumhaft. Weißt du, ob sich die Menschen vorher kannten?

Birgit Danschke:
Teilweise ja. Aber im Laufe der Zeit ist es noch vielfältiger geworden – mit Enkelkindern, Studierenden und verschiedenen Generationen. Das Projekt hat sich weiterentwickelt. Wie es heute aussieht, weiß ich nicht.

Ich persönlich bin allerdings kein Fan von Wohnungseigentum, weil es viel Streitpotenzial birgt. Ich würde solche Projekte immer eher in Genossenschaftsform umsetzen. Da steht der Gemeinschaftsgedanke stärker im Vordergrund, man kann nicht einfach gewinnbringend verkaufen, und Konflikte sind weniger wahrscheinlich. Kennst du das Projekt am Möckernkiez?

Claudia Mattheis:
Nein, kenne ich nicht. Erzähl doch mal.

Birgit Danschke:
Das ist ein riesiges Genossenschaftsprojekt in Berlin mit mehreren hundert Wohnungen. Es war schwer umzusetzen, aber es hat geklappt. Heute ist es eine große, stabile Gemeinschaft, mit Cafés, Projekten und Sicherheit für die Mieter. Eigenbedarfskündigungen sind dort ausgeschlossen, was gerade in Berlin ein großes Plus ist. Solche Projekte zeigen, wie stark das genossenschaftliche Modell sein kann.

Claudia Mattheis:
Aber so etwas umzusetzen, kostet doch auch viel Geld, oder?

Birgit Danschke:
Ja, das stimmt. Man braucht viel Eigenkapital. Ein Hauskauf bedeutet oft Millionenbeträge – plus zusätzliche Kosten für Sanierungen. Deswegen ist das nichts, was man spontan umsetzt. Aber es gibt in Berlin auch „junge Genossenschaften“, die sich in den letzten Jahren gegründet haben. Dort war es mit weniger Eigenkapital möglich. Heute ist es schwieriger, weil die Zinsen gestiegen sind, aber es ist machbar.

Claudia Mattheis:
Dann danke ich dir, liebe Birgit, für deine interessanten Einblicke und wünsche dir alles Gute bei deinem eigenen Wohnprojekt – wo und wie auch immer es aussehen wird.

Birgit Danschke:
Vielen Dank, Claudia. Es hat mir Freude gemacht.

Claudia Mattheis:
Und danke an unsere Hörerinnen und Hörer fürs Zuhören. Bis zum nächsten Mal!

Claudia Mattheis

Frau mit schulterlangem gelocktem braunem Haar, die einen dunklen Blazer und eine silberne Halskette trägt und in die Kamera lächelt.

Claudia Mattheis (Jahrgang 1966) bringt mit 30 Jahren Führungserfahrung als Geschäftsführerin einer Werbeagentur und Chefredakteurin von Print- und Online-Medien strategische Expertise und ein starkes Netzwerk mit. Diese Kombination bildet das Fundament für ihre Mission: LIVVING.de zur führenden deutschsprachigen Plattform für Wohnen & Leben 50plus zu entwickeln. Ihre Leidenschaft für zielgruppengerechte Kommunikation verbindet sie mit einem tiefen Verständnis für die Bedürfnisse der Generation 50plus. Als versierte Netzwerkerin schafft sie Verbindungen zwischen Partnern, die gemeinsam die Lebenswelt einer wachsenden demografischen Gruppe neu denken wollen. Mit ihrem Mann Siegbert Mattheis lebt sie in Berlin-Prenzlauer Berg.

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