Die Silver Geeks kommen: Warum ältere Menschen die digitale Zukunft mitgestalten. Studie der Körber-Stiftung zeigt, dass 17 Prozent der über 50-Jährigen technikbegeistert sind, also 6,4 Millionen Menschen!
Unsere Gesellschaft wird immer älter und immer digitaler – zwei Megatrends, die oft als Problem diskutiert werden. Doch eine neue Studie der Körber-Stiftung zeichnet ein völlig anderes Bild: Ältere Menschen sind keineswegs die digitalen Nachzügler, als die sie oft dargestellt werden. Vielmehr entpuppt sich ein beachtlicher Teil als technikbegeisterte „Silver Geeks“ mit enormem Potenzial für gesellschaftliche Teilhabe und digitales Engagement.
Die umfassende Untersuchung „Uncover: Smart Ageing – Teilhabe und Engagement im digitalen Wandel“, durchgeführt vom renommierten Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Körber-Stiftung, basiert auf einer repräsentativen Befragung von 1.118 Personen ab 50 Jahren zwischen Dezember 2023 und Januar 2024. Die Ergebnisse räumen mit Vorurteilen auf und zeigen neue Wege für eine altersinklusive digitale Gesellschaft.
Vom Klick zur Verantwortung: Eine neue Sicht auf das Alter
Die Generation der Gestalter
Julia André, Leiterin Bereich Alter und Demografie der Körber-Stiftung, formuliert in ihrem einleitenden Beitrag eine klare Vision: „Wir brauchen eine positive, durch Fakten gestützte Erzählung vom Leben im Alter mit Technologie. Und dabei geht es nicht nur um Assistenz und Defizitausgleich, sondern vor allem um den Beitrag, den Ältere zur Gesellschaft leisten können – und wollen.“
André betont, dass gerade die Babyboomer-Generation, die nun Jahr für Jahr in die nacherwerbliche Phase wechselt, eine große Motivation mitbringt, ihre Zeit für die Gesellschaft einzusetzen. Gleichzeitig sind es genau diese Menschen, die den technologisch-digitalen Fortschritt der letzten Jahrzehnte maßgeblich geprägt und vorangetrieben haben.
Die zentrale Frage, die André aufwirft, lautet: „Was kommt nach dem Klick? Wo sind die Felder, auf denen Ältere ihre digitalen Fähigkeiten einbringen?“ Ihre Antwort ist eindeutig: Es ist Zeit, einen Blick auf den aktiven Beitrag zu richten, den Menschen ab 50 im digitalen Raum leisten können – für sich selbst, für die Gesellschaft und für die Gestaltung der digitalen Zukunft.
Vier Typen digitaler Teilhabe
Die Studie identifiziert vier charakteristische Haltungstypen bei den Generationen 50plus:
17 % technikbegeisterte „Silver Geeks“: Sie sind überzeugt, dass technische Entwicklungen das Leben deutlich vereinfachen werden, und finden neue technische Möglichkeiten faszinierend.
41 % genügsame „Digital Minimalists“: Für sie reicht die vorhandene technische Ausstattung aus, sie lehnen Überflüssiges ab und setzen auf praktische Alltagstauglichkeit.
22 % überforderte „Tech Stressed“: Die Weiterentwicklung der Technik geht ihnen zu schnell, sie sind oft auf Hilfe von Kindern oder Enkeln angewiesen.
14 % abstinente „Offlinerinnen und Offliner“: Sie haben sich nie intensiv mit digitalen Technologien beschäftigt und wollen auch nicht mehr damit anfangen.
Alter ist mehr als nur eine Zahl
Die Vielfalt der Generation 50plus verstehen
Die Studie macht deutlich, dass pauschale Altersbilder der Realität nicht gerecht werden. Julia André betont: „Alt ist nicht gleich alt“. Ein differenzierter Blick zeigt, dass neben dem numerischen Alter vor allem Bildung, Einkommen und Technikaffinität die Einstellungen und Handlungsmöglichkeiten stark prägen.
Während jüngere Mitglieder der Generation 50plus offen gegenüber Technologien sind, nehmen im höheren Alter, verstärkt jenseits des 80. Lebensjahres, die Vorbehalte zu. Entscheidend ist jedoch der sozio-ökonomische Status: Personen mit höherem Status zeigen eine deutlich höhere Zustimmung zu technischen und digitalen Anwendungen.
Das Potenzial der Silver Geeks
Besonders bemerkenswert: 17 Prozent der Bevölkerung über 50 lassen sich der Gruppe der „Silver Geeks“ zuordnen. Bei einer Bevölkerung 50plus von etwa 37,5 Millionen Menschen entspricht das rund 6,4 Millionen technikbegeisterten Menschen. Diese Gruppe ist nicht nur Nutzer, sondern potenzielle Multiplikatoren, kreative Mitgestalter und wichtige Brücken zwischen den Generationen.
Gut leben im Alter: Gesellschaftliche Teilhabe als Grundbedürfnis
Eigenständigkeit und soziale Einbindung im Fokus
Die Untersuchung zeigt eindeutig: 96 Prozent der Befragten halten es für besonders wichtig, möglichst lange eigenständig zu leben, 93 Prozent wollen körperlich und geistig fit bleiben. Doch gesellschaftliche Teilhabe steht gleichberechtigt im Zentrum: 67 Prozent finden es besonders wichtig, ihre Familie regelmäßig zu sehen, 31 Prozent legen Wert darauf, sich viel mit Freunden zu treffen.
Diese Zahlen widerlegen das gängige Vorurteil, ältere Menschen würden sich aus der gesellschaftlichen Verantwortung zurückziehen. Vielmehr zeigt sich ein starkes Bedürfnis nach aktiver Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Technologie und gesellschaftliche Teilhabe: Potenziale und Grenzen
Kommunikation als Türöffner
Moderne Kommunikationsmöglichkeiten können im Alter massiv dazu beitragen, das Bedürfnis nach gesellschaftlicher Teilhabe zu unterstützen. 70 Prozent der Generation 50plus glauben, dass technische Hilfsmittel und digitale Angebote beim Austausch und Kontakt mit Familie und Freunden eine große Hilfe sein können. Weitere 25 Prozent sehen immerhin einen begrenzten Nutzen.
Entwicklungschancen bei Behördenkommunikation
Beim Kontakt zu Behörden sieht ein Drittel eine große Hilfe in technischer Unterstützung, knapp die Hälfte geht von begrenzten Vorteilen aus. Dies zeigt ein wachsendes Bewusstsein für die Vorteile von E-Government-Angeboten, auch wenn die Benutzerfreundlichkeit aus Sicht vieler älterer Menschen noch verbessert werden muss.
Skepsis bei emotionalen Bereichen
Deutlich geringer wird das Potenzial technologischer Unterstützung bei kulturellen Veranstaltungen, Freizeitaktivitäten oder der Vermeidung von Einsamkeit eingeschätzt. Besonders ausgeprägt ist die Skepsis gegenüber dem Beitrag von Technik bei positiven Erfahrungen oder Glücksmomenten. Dies deutet darauf hin, dass psychisches Wohlbefinden als besonders sensibles Feld wahrgenommen wird, in dem menschliche Nähe nicht durch digitale Mittel ersetzt werden kann.
Einsamkeit verhindert Teilhabe: Ein gesellschaftliches Problem
Die Verbindung zwischen Einsamkeit und digitaler Kompetenz
Michael Sommer, Projektleiter beim Institut für Demoskopie Allensbach, widmet sich in seinem Beitrag einem besonderen Aspekt: dem Zusammenhang zwischen Einsamkeit und Technikaffinität. Seine Analyse zeigt: „Technikbegeisterte ‚Silver Geeks‘ fühlen sich unterdurchschnittlich oft einsam, überforderte ‚Tech Stressed‘ und vor allem ‚Offlinerinnen und Offliner‘ überdurchschnittlich oft.“
Etwa jede vierte Person in der Altersgruppe 50plus fühlt sich zumindest gelegentlich einsam. Dabei zeigt sich ein klarer Zusammenhang zwischen digitaler Kompetenz, Nutzungsfreude und emotionalem Wohlbefinden. Allerdings, so Sommer, dürfte die Nähe oder Ferne zu digitalen Welten nur ein Teil der Erklärung sein. Vielmehr sind Alter und sozialer Status der Personen verantwortlich.
Technologie als Türöffner gegen Einsamkeit
Sommer sieht großes Potenzial in technologischer Unterstützung: „Gerade diejenigen Personen, die aufgrund ihres hohen Alters, ihrer Lebensumstände oder gesundheitlicher Einschränkungen von Einsamkeit betroffen sind, könnten von niedrigschwelligen, barrierearmen digitalen Kommunikationsmöglichkeiten profitieren.“
Dazu gehören einfach zu bedienende Interfaces, Sprachsteuerung, Assistenzsysteme, Video-Anrufe mit automatischer Verbindung zu Angehörigen oder digitale Gruppenangebote, die soziale Kontakte fördern.
Digitale Teilhabe und Vielfalt im Alter
Der Status quo digitaler Integration
Digitale Teilhabe hat in den Generationen der über 50-Jährigen derzeit noch eine eher untergeordnete Bedeutung verglichen mit der gesellschaftlichen Teilhabe. Zu den wichtigen Voraussetzungen für ein erfülltes Leben im Alter gehört am ehesten noch eine gute Internetverbindung (44 Prozent), gefolgt von digitalen Angeboten wie WhatsApp oder Video-Telefonie (41 Prozent).
Altersbedingte Unterschiede bei digitalen Vorteilen
Die Beurteilung digitaler Möglichkeiten ist stark altersgebunden: Während 41 Prozent der 50- bis 59-Jährigen überzeugt sind, dass die Digitalisierung ihnen persönlich mehr Vorteile verschafft, teilen nur 22 Prozent der 70- bis 79-Jährigen und nur 16 Prozent der über 80-Jährigen diese Einschätzung.
Die Silver Geeks als Vorreiter
Die Ergebnisse zeigen, dass die Technikaffinität die Erwartungen beeinflusst, die ältere Menschen an neue Technologien haben. Die Gruppe der technikbegeisterten „Silver Geeks“ glaubt weit überdurchschnittlich, dass digitale Angebote und technische Hilfsmittel eine große Hilfe sein können – sei es beim Austausch mit Freunden und Familie, beim Kontakt mit Behörden oder bei kulturellen Veranstaltungen.
Unsere Welt wird smarter. Unsere Vorurteile nicht.
Schluss mit Generationslabels
Robert Eysoldt, Creative Consultant und leidenschaftlicher Age Diversity Activist, stellt in seinem provokanten Beitrag Altersklischees in Frage: „Boomer. Gen X. Millennials. Gen Z. Klingt praktisch – weil es Ordnung verspricht. Aber die Welt ist nicht ordentlich. Sie ist chaotisch, bunt, vernetzt – und voller Möglichkeiten.“
Eysoldt argumentiert: „Altersklischees sind Sand im Getriebe. Sie blockieren Entwicklung. Sie bremsen aus. Manchmal sogar dich selbst – wenn du beginnst zu glauben, was andere dir über ‚deine Generation‘ erzählen.“
Lernen hört nicht mit dem Schulabschluss auf
Seine zentrale Botschaft lautet: „Wer neugierig bleibt, bleibt lebendig. Und noch nie war es so einfach, Neues zu entdecken – mit Lernplattformen, Tutorials und Online-Communities, die rund um die Uhr nur einen Klick entfernt sind.“
Eysoldt fordert ein Umdenken: „Mit 20 gründen? Warum nicht. Mit 50 durchstarten? Klar. Mit 70 KI lernen? Unbedingt!“ Sein Ansatz zeigt, dass Zukunft bei jedem Einzelnen beginnt – mit der eigenen Haltung und der Entscheidung, sich einzubringen.
Zeit, Barrieren abzubauen
Eysoldt weist jedoch auch auf strukturelle Probleme hin: „Nicht alle haben die gleichen Zugänge. Gerade beim Zugang zu digitalen Technologien wird das besonders deutlich.“ Deshalb ist es Zeit, Barrieren abzubauen – digital, gesellschaftlich und in unseren Köpfen.
Ehrenamtliches Engagement und politische Partizipation
Hohe Engagementbereitschaft bei Generation 50plus
Die Studie zeigt eine beeindruckende Engagementbereitschaft: 27 Prozent der Bevölkerung ab 50 Jahren engagieren sich freiwillig oder ehrenamtlich. Besonders engagiert sind die 70- bis 79-Jährigen, Personen mit höherem sozio-ökonomischem Status sowie Männer. Das freiwillige Engagement bei den über 50-Jährigen ist damit höher als bei den 18- bis 49-Jährigen, von denen sich nur ein Fünftel ehrenamtlich engagiert.
Technologie im Ehrenamt
15 Prozent der ehrenamtlich Aktiven glauben, dass technische Hilfsmittel und digitale Angebote für die ehrenamtliche Arbeit eine große Hilfe sein können, 46 Prozent vermuten begrenzten Nutzen. Bereits heute nutzen 30 Prozent der ehrenamtlich Aktiven jenseits der 50 technische und digitale Mittel für ihr freiwilliges Engagement, weitere 28 Prozent könnten sich eine zukünftige Nutzung vorstellen.
Politische Beteiligung mit digitalen Mitteln
Politisch aktiv sind mit 11 Prozent deutlich weniger Menschen in der Bevölkerung 50plus. Das Potenzial technischer Hilfsmittel für politische Beteiligung wird jedoch als beachtlich eingestuft: 54 Prozent der über 50-Jährigen meinen, dass technische Hilfsmittel und digitale Angebote eine große oder begrenzte Hilfe sein können bei politischer Beteiligung.
Zwischen Erfahrung und Aufbruch: KI und Engagement
KI als Werkzeug, nicht als Ersatz
Christian Heise, Präsident und Geschäftsführer der Hamburg Media School, sieht in Künstlicher Intelligenz großes Potenzial für das zivilgesellschaftliche Engagement: „Künstliche Intelligenz (KI) kann hier als Werkzeug dienen, nicht als Ersatz für Menschlichkeit, sondern indem sie administrative Tätigkeiten erleichtert.“
Heise betont: „Sie nimmt weder den Engagierten noch den Organisationen die Verantwortung ab – aber sie entlastet. Sie bringt Ordnung in Routinetätigkeiten, macht Informationen zugänglich, hilft beim Formulieren von Texten und gibt Strukturen, wenn Zeit und Kraft knapp sind.“
Praxisnahe KI-Tipps für Engagierte
Heise gibt konkrete Ratschläge für den KI-Einsatz im Engagement:
- „Klare, konkrete Aufgaben stellen und den Einsatz der KI gezielt planen, z. B. bei der Text-Erstellung oder Terminorganisation“
- „Inhalte stets auf Korrektheit und angemessenen Ton prüfen, bevor sie verwendet werden“
- „Nur datenschutzkonforme und zugelassene Tools nutzen, besonders bei sensiblen Daten“
Mut zur Öffnung neuer Möglichkeitsräume
Heises Vision ist klar: „KI ist allerdings kein Ziel für sich, sondern kann (richtig eingesetzt) helfen, das Engagement von morgen neu zu denken. Sie ersetzt keine Gespräche, keine Konflikte, keine gemeinsam erlebten Momente – aber sie verschiebt die Perspektive: von Verwaltungen zu Gestaltung, vom Einzelkämpfertum zu echter Zusammenarbeit.“
Wandel des Informationsverhaltens
Digitale Medien auf dem Vormarsch
Das Informationsverhalten der Bevölkerung wandelt sich grundlegend. Das Internet gewinnt deutlich an Bedeutung, während Printmedien an Reichweite verlieren. Bei der Beschaffung tagesaktueller Informationen dominieren zwar noch klassische Newsmedien, aber das Internet holt schnell auf.
Generationsspezifische Unterschiede
Je älter der Nutzerkreis, desto wichtiger sind Fernsehen und Printmedien. Umgekehrt hat das Internet eine umso höhere Bedeutung, je jünger der Nutzerkreis ist. Bereits 70 Prozent der über 50-Jährigen sind überzeugt, dass das Internet es ihnen leicht macht, sich über das aktuelle Geschehen zu informieren.
Soziale Netzwerke noch unterrepräsentiert
Soziale Netzwerke gewinnen bei der älteren Bevölkerung an Bedeutung, ihr Wachstum verlangsamt sich jedoch. Derzeit nutzen 24 Prozent der Generation 50plus soziale Netzwerke. Als Informationsquelle sind sie primär für Jüngere relevant: Nur 19 Prozent der 50- bis 69-Jährigen nutzen soziale Netzwerke zur Information über das aktuelle Geschehen, bei den über 70-Jährigen sind es nur 7 Prozent.
Digitale Resilienz: Überforderung versus Selbstwirksamkeit
Resilienz als Superpower des 21. Jahrhunderts
Sandy Jahn, Leiterin Strategic Insights & Analytics bei der Initiative D21, definiert digitale Resilienz als Schlüsselkompetenz: „Resilienz im digitalen Wandel beschreibt die innere Stärke, mit Veränderungen konstruktiv umzugehen – nicht nur irgendwie zu bestehen, sondern die eigene Rolle in einer digitalen Welt aktiv zu gestalten.“
Digitale Basiskompetenzen als Fundament
Jahn identifiziert fünf zentrale digitale Basiskompetenzen: Informationen online finden, digital kommunizieren, einfache digitale Inhalte erstellen, starke Passwörter verwenden und Endgeräte an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Laut D21-Digital-Index 2024/25 gelten 81 Prozent derjenigen, die diese fünf Kompetenzen beherrschen, als resilient. Aber nur die Hälfte der Deutschen (49 Prozent) verfügt über dieses solide Fundament.
Alter ist kein Ausschlusskriterium
Während rund zwei Drittel der unter 30-Jährigen als resilient gelten, ist es bei den über 79-Jährigen nur rund ein Drittel. Jahn betont jedoch: „Nicht die Lebensjahre entscheiden über Resilienz, sondern Offenheit, Lernbereitschaft und der Zugang zu unterstützenden Strukturen.“
Selbstwirksamkeit macht den Unterschied
„Resilienz entsteht nicht im Kopf. Sie entsteht im Handeln. In kleinen Erfolgserlebnissen. In Momenten, in denen das Smartphone plötzlich nicht mehr kompliziert, sondern nützlich erscheint“, so Jahn. Entscheidend sei, dass Menschen das Gefühl haben: „Das kann ich (noch) lernen.“
Next Steps: Digital! Engagiert! Dabei!
Handlungsempfehlungen für verschiedene Akteure
Jonathan Petzold, Programmleiter Alter und Digitalisierung in der Körber-Stiftung, entwickelt konkrete Handlungsempfehlungen für verschiedene gesellschaftliche Akteure:
Kommunale und lokale Akteure sollten:
- Digitale Infrastruktur ausbauen, insbesondere in ländlichen Räumen
- „Dritte Orte“ digital denken und Begegnungsräume schaffen, die analoge und digitale Teilhabe zusammendenken
- Technik mit Gemeinschaft verknüpfen durch Veranstaltungen, bei denen digitale Tools soziale Kontakte fördern
Zivilgesellschaft und Organisationen sollten:
- Engagement digitalisieren und Ältere gezielt für Online-Volunteering, digitale Nachbarschaftshilfe oder Mentoring gewinnen
- Peer-to-Peer-Ansätze stärken, bei denen Ältere anderen Älteren beim Einstieg in die digitale Welt helfen
- Rollenbilder aufbrechen und Ältere nicht nur als zu Unterstützende, sondern als aktive Gestaltende präsentieren
Politik und Verwaltung sollten:
- Digitalstrategien altersinklusiv gestalten und Altersdiversität in Digitalisierungskonzepten verankern
- Politische Beteiligung digital stärken durch barrierefreie Beteiligungsplattformen
- Fördermittel gezielt auf digitale Teilhabe Älterer ausrichten
Die Silver Geeks als Schlüssel zur digitalen Zukunft
Petzolds zentrale Botschaft lautet: „Die älteren Generationen sind keine Nachzügler des digitalen Wandels – sie sind ein aktiver Teil davon. Besonders die technikaffinen ‚Silver Geeks‘ stehen stellvertretend für ein enormes Potenzial: Sie sind interessiert, kompetent und bereit, Verantwortung zu übernehmen.“
„Wenn wir sie ernst nehmen, gezielt ansprechen und ihnen zutrauen, Teil der digitalen Gestaltung zu sein, gewinnen wir mehr als nur Nutzende – wir gewinnen Gestalterinnen und Gestalter einer digitalen Gesellschaft, in der der Mensch im Mittelpunkt steht.“
Unsere Erkenntnis: Es braucht eine neue Erzählung vom digitalen Alter
Paradigmenwechsel erforderlich
Die Studie „Uncover: Smart Ageing“ der Körber-Stiftung zeichnet ein differenziertes und überraschendes Bild der Generation 50plus. Statt technikscheuer Rentner zeigt sich eine vielfältige Gruppe mit unterschiedlichen Bedürfnissen, Kompetenzen und einem beachtlichen Potenzial für digitales Engagement.
Von Defizitausgleich zu aktiver Gestaltung
Der wichtigste Paradigmenwechsel: Digitalisierung im Alter ist mehr als Defizitausgleich. Es geht um gesellschaftliche Teilhabe, Engagement und politische Mitgestaltung. Die 6,4 Millionen „Silver Geeks“ in Deutschland stehen exemplarisch für Menschen, die nicht nur digitale Technologien nutzen, sondern sie aktiv mitgestalten wollen.
Handlungsbedarf bei digitaler Inklusion
Gleichzeitig macht die Studie deutlich, dass digitale Teilhabe ungleich verteilt ist. Alter, Bildung und sozio-ökonomischer Status entscheiden noch immer stark über den Zugang zu digitalen Möglichkeiten. Hier braucht es gezielte, differenzierte Angebote, die verschiedene Zielgruppen passgenau ansprechen.
Die Zukunft ist generationenübergreifend
Julia André fasst es treffend zusammen: „Die Zukunft des digitalen Wandels ist nicht nur eine Frage der Technik. Sie ist eine Frage des Miteinanders – über Generationen hinweg.“ Die Studie zeigt: Eine digitale Gesellschaft, die alle Generationen mitnimmt, ist nicht nur möglich, sondern bereits im Entstehen begriffen.
Über die Autoren:
- Julia André ist Leiterin Bereich Alter und Demografie der Körber-Stiftung
- Michael Sommer ist Projektleiter beim Institut für Demoskopie Allensbach
- Robert Eysoldt ist Creative Consultant, KI-Manager und Age Diversity Activist
- Christian Heise ist Präsident und Geschäftsführer der Hamburg Media School
- Sandy Jahn leitet bei der Initiative D21 den Bereich Strategic Insights & Analytics
- Jonathan Petzold ist Programmleiter Alter und Digitalisierung in der Körber-Stiftung
Methodik: Die Studie basiert auf einer repräsentativen Befragung von 1.118 Personen ab 50 Jahren, durchgeführt vom Institut für Demoskopie Allensbach zwischen Dezember 2023 und Januar 2024.
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